08.11.2022
Die deutschen Krankenhäuser geraten immer mehr unter Druck, nicht nur vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie und der Energiekrise. msg-Vorstand Rolf Kranz im Gespräch darüber, wie sich mithilfe von Cloud-Technologien die Situation verbessern lässt: Für die Kliniken, deren Mitarbeitende sowie für die Patientinnen und Patienten.
Herr Kranz, wie können intelligente digitale Lösungen den Kliniken bei steigenden Kosten und dem Mangel an medizinischen Fachkräften helfen?
Mithilfe digitaler Lösungen können Krankenhäuser ihre internen Abläufe und Leistungen modernisieren und optimieren. Auch die Interaktionserfahrung der Patientinnen und Patienten lässt sich verbessern. Das entlastet die Mitarbeitenden, senkt die Kosten erheblich und es erfolgt eine Versorgung der Erkrankten auf höchstem Niveau.
Warum hinkt das deutsche Gesundheitswesen bei der Adaption moderner Technologien im Vergleich zu anderen Branchen - und auch europäischen Ländern - dann so deutlich hinterher?
Das hat verschiedene Gründe. So ist die deutsche Gesundheitsbranche stark reguliert und komplex. Zudem mangelt es vielerorts an Wissen über das Potenzial der neuen Technologien. Ein weiteres großes Hemmnis sind die existierenden Vorurteile über den Einsatz cloudbasierter Technologien.
Inwiefern?
In kaum einer anderen Branche wird mit derart sensiblen Daten agiert. Wir müssen uns vor Augen halten, dass diese Daten die Gesundheit von Personen widerspiegeln. Viele Kliniken stellen sich die Frage, wo diese Daten nun am besten und sichersten aufgehoben sind: bei cloudbasierter Infrastruktur und Technologien oder in On-Premises-Lösungen. Wenn Gesundheitseinrichtungen auf On-Premises-Lösungen setzen, erhoffen sie sich dadurch, die Datensouveränität und -sicherheit zu wahren. Der stabile Zugriff und Betrieb spielen eine weitere entscheidende Rolle. Zudem die Möglichkeit – bei Bedarf – die Daten endgültig löschen zu können.
Wie ist Ihre Einschätzung dazu?
Wer denkt, dass besonders schützenswerte Daten im eigenen ‚On-Premises-Hosting‘ am sichersten aufgehoben sind, liegt falsch. Datenschutz und -sicherheit stehen in direktem Zusammenhang mit den notwendigen IT-Kapazitäten und -fähigkeiten, welche oft nicht verfügbar sind. Diese notwendigen Kapazitäten stellen cloudbasierte Lösungen durch ihre Architektur und die Standardfunktionen bereit und können ein mindestens gleichartiges Sicherheitsniveau ermöglichen. Das gelingt beispielsweise durch eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sowohl in der Verarbeitung als auch Speicherung der Daten. Dadurch sind weder Softwarebetreiber noch Cloud-Dienstleister in der Lage, die verarbeiteten Daten einzusehen und natürlichen Personen zuzuordnen.
Wie gehen Cloud-Provider wie Microsoft und AWS in Sachen Datensicherheit vor?
Cloud-Provider bieten verschiedene Möglichkeiten, Daten verschlüsselt zu speichern. Die Nutzerinnen und Nutzer können ihre eigenen Encryption Keys in die Cloud-Lösung mit einbringen. Darauf haben die Hyperscaler keinen Zugriff. Die Softwareanbieter kümmern sich dann darum, diesen auch konform zu konfigurieren, einzusetzen und in die eigene Lösung einzubinden. Zusätzlich kann die Nutzende Person bestimmen, dass die Applikationen nur in EU-Regionen, respektive in Deutschland bereitgestellt werden. Somit ist eine Verarbeitung nach den Gesetzesnormen möglich. Nicht zu vergessen ist, dass die Cloudanbieter Lösungen bereitstellen, die ein nachvollziehbares Löschen ermöglichen.
Bereits heute wird eine Vielzahl an Daten in Krankenhäusern gesammelt und verarbeitet, wie etwa klinische, Patienten- oder empirische Daten. Bis 2025 wird ein Datenzuwachs von durchschnittlich 36 Prozent pro Jahr erwartet. Was bedeutet das für die Kliniken?
Die meisten Krankenhäuser sind schon jetzt nicht in der Lage, große Datenmengen effizient zu erfassen und zu verwalten oder gar ihr volles Potenzial im Sinne einer besseren Patientenbetreuung zu nutzen. Die meisten der vorhandenen Daten befinden sich oft in Datensilos und machen manuelle Eingaben und Aktualisierungen erforderlich. Sind Dateneingaben fehlerhaft oder doppelt, kann das zu Beeinträchtigungen bei der Behandlung führen oder die notwendigen Verarbeitungsschritte mit den Kostenträgern beeinflussen.
Was sollten Krankenhäuser nun also tun?
In den nächsten fünf Jahren werden nahezu sämtliche Anwendungslandschaften in der Cloud platziert werden. Dieser Weg in die digitale Transformation wird auch vor den Krankenhäusern nicht haltmachen. Durch die effiziente Nutzung von Cloud-Services können sie Kosten einsparen, da nur die tatsächliche Nutzung berechnet wird. Besonderes Augenmerk ist auf den Einfluss der begrenzten IT-Kapazitäten zu legen, welcher sich in den kommenden Jahren verschärfen wird. Denn es bedeutet oftmals einen hohen zeitlichen Aufwand, IT-Infrastruktur und -Applikationslandschaft On-Premises zu betreiben. Krankenhäuser sollten daher Fördergelder in moderne Technologien investieren, anstatt sie für überholte Systeme mit teils hohen Folgekosten aufzuwenden.
Welche Vorteile bieten Cloud-Lösungen den Patientinnen und Patienten?
Cloud-Lösungen können dazu beitragen, dass die Menschen mehr Herr über ihre eigenen Daten werden und dadurch selbstbestimmter handeln können. Indem Daten unabhängig von Zeit und Ort verfügbar gemacht werden, erhalten Patientinnen und Patienten erst die Möglichkeit, ihre eigene Gesundheitsversorgung mit in die Hand zu nehmen. Gut informiert können sie Gesundheitsangebote auf individueller Ebene besser beurteilen und Entscheidungen für oder gegen Therapien leichter treffen – wichtige Voraussetzungen für eine gute, moderne Patientenversorgung.
Weitere Informationen zu dem Thema bietet das aktuelle Whitepaper Migration in die Cloud oder On-Premises-Betriebe – worauf Krankenhäuser bei der Entscheidung achten sollten, auf Initiative der Stiftung Münch unter Beteiligung von msg.