27.06.2023
ESG ist heute weit mehr als Pflichterfüllung. Die Umsetzung ist längst von strategischer Relevanz. Wer das ignoriert, riskiert den wirtschaftlichen Abstieg. Kann die Cloud hier ein wesentlicher Hebel sein? Oder führt der Weg zum nachhaltigen Unternehmen gar zwangsläufig in die Cloud? Diesen und weiteren Fragen widmen sich Dr. Lothar Essig und Michael Wilk im Standpunkte-Interview.
Die Bedeutung von ESG hat sich grundlegend gewandelt. Wie nehmen Sie das bei msg wahr?
Dr. Lothar Essig: Absolut. Unserer Erfahrung nach war der Wandel von nice-to-have zum wirtschaftlich und strategisch relevanten Thema doch rasant. Jedes Unternehmen begreift nachhaltiges Handeln inzwischen als essenziell. Da IT in Unternehmen und Organisationen allgegenwärtig ist und nennenswerte Mengen an Ressourcen verbraucht, kann sie hier ein mächtiger Hebel sein. Stichwort Überkapazitäten, redundante Hardware, Speicherressourcen etc.
Michael Wilk: Kurz gesagt: der Markt verlangt einfach danach. Nachhaltigkeit ist kein Hype – sondern wie übrigens auch das Thema Cloud – gekommen, um zu bleiben. Hier gehört aber auch zur Wahrheit, dass die Cloud selbst Ressourcen frisst, weswegen sich die Anbieter auch um nachhaltige Lösungen bemühen müssen.
Apropos Cloud: Kann die Cloud konkret eine Rolle beim Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft spielen?
Dr. Lothar Essig: Unbedingt. Die Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, kann man nicht hoch genug einschätzen. Denken wir allein an die vielen Rechenzentren, die wegfallen, wenn Unternehmen in die Cloud migrieren. Natürlich reduziert das den Energieverbrauch nicht auf null, doch es kann eine drastische Optimierung der eingesetzten Ressourcen bedeuten: Hyperscaler arbeiten längst an einer Form der Kreislaufwirtschaft, indem sie zum Beispiel die Abwärme der Rechner wiederum in Fernwärme-Netze einspeisen, um nur ein Beispiel zu nennen, das in die aktuelle Diskussion passt. Studien der Hyperscaler besagen außerdem, dass ich fünffach bessere Werte bei der Effizienz erzielen kann, wenn ich auf die Cloud setze. Das bedeutet einen etwa 88 % geringeren CO2- Fußabdruck.
Michael Wilk: Und was im Großen gilt, gilt auch im Kleinen: wenn wir etwa kleine und mittelständische Unternehmen in den Blick nehmen. Auch sie haben viel Potenzial bei der Optimierung ihrer IT-Landschaften. Sie können ihre Prozesse optimieren, redundante Systeme identifizieren und womöglich einzelne Systeme ganz abschalten, was zu weiteren Einsparungen führt.
Lassen Sie uns mal weg vom reinen Nachhaltigkeitsaspekt gehen. Auch Sicherheit ist heute ein schlagkräftiges Argument für die Cloud und im Zusammenhang „Governance“ ebenso Teil von ESG.
Michael Wilk: Ja, das bestätigen uns auch die Kundenwünsche. Waren ungeklärte Fragen zur Sicherheit früher noch ein Grund, sich gegen die Cloud zu entscheiden – so sind Sicherheitsaspekte in vielen Fällen mittlerweile ein knallhartes Argument dafür.
Die Wahrnehmung hat sich also grundlegend verändert?
Michael Wilk: In der Vergangenheit ging es den Unternehmen zunächst um die Kosten. Und zugegeben, die waren seinerzeit auch recht hoch. Heute sind die Organisationen vor allem auf eine verkürzte Time-to-Market aus. Aber schon bald werden sie sich stärker auf die Mehrwerte konzentrieren, die ihnen die Cloud bei der Transformation zum nachhaltigen Unternehmen bietet.
Führt der Weg zum nachhaltigen Unternehmen folglich in die Cloud?
Dr. Lothar Essig: Ja, wir sind jedenfalls überzeugt, dass die Cloud eine sehr wichtige Rolle bei der Umsetzung der ESG-Kriterien spielen wird. Das ist natürlich bei weitem nicht alles, auch andere Aspekte von Green IT können hier einen beachtlichen Beitrag leisten. Hier fallen mir zum Beispiel Green Coding, Green Architecture oder ein ressourcenschonender Einsatz von Hardware und Endgeräten ein.
Michael Wilk: Es gibt in der Tat noch eine ganze Reihe weiterer Möglichkeiten, um Organisationen klimaneutraler zu machen und sie auf ihrem Weg hin zu einer Symbiose aus Ökonomie und Ökologie zu begleiten und zu unterstützen. Die Entwicklung ist da noch lange nicht am Ende. Die Cloud, gerade in Verbindung mit der richtigen Hyperscaler-Strategie, führt aber auf jeden Fall zu einer grüneren Unternehmensbilanz.
Sie möchten mehr zum Thema erfahren? In der neunten Folge von „radikal digital“ besprechen Dr. Lothar Essig, Executive Vice President Group Strategy bei msg und Michael Wilk, Geschäftsführer bei msg services GmbH, die strategischen Möglichkeiten und Perspektiven, die sich eröffnen, wenn wir die Themen Cloud und Nachhaltigkeit verknüpft betrachten. Jetzt reinhören!