Zuerst erschienen in der public Ausgabe 03-2021
von Bernd Hahn
Was uns Tom DeMarco heute noch sagt
Im Rahmen von IT-Projekten höre ich immer öfter die Aussagen: „Dann machen wir das agil“, „Wir brauchen eine agile Transformation“ oder „Dann setzen wir agiles Projektmanagement ein“. Diese und ähnliche Aussagen stammen meist von Kunden, die in Projekten nicht mehr weiterwissen, und vor allem von vielen Beratern, die im agilen Umfeld unterwegs sind. Sie alle leitet das Ziel, Projekte, die „nicht so gut laufen“, mittels Umstellung des Vorgehens wieder in den Griff zu bekommen. Häufig wird dabei „agiles Vorgehen“ mit der Anwendung von – einzelnen Elementen aus – Scrum gleichgesetzt. Dieser Artikel beleuchtet verschiedene Vorgehensmodelle und geht auf dieser Basis der Frage nach, ob „agil“ wirklich die Lösung bei Problemen im Projekt ist oder ob es nicht andere Faktoren sind, die Projekte erfolgreich machen.
Einige Definitionen als Grundlage
Im Standard der International Project Management Association (IPMA), der die erforderlichen Kompetenzen eines Projektmanagers beschreibt, ICB 4, ist ein Projekt als „ein einmaliges, befristetes, interdisziplinäres und organisiertes Unterfangen, um festgelegte Arbeitsergebnisse im Rahmen vorab definierter Anforderungen und Randbedingungen zu erzielen“ definiert.1 Zu solchen Anforderungen zählen unter anderem Beschränkungen hinsichtlich Terminen und Zeit, Kosten, Ressourcen und solchen, die sich aus inhaltlichen-/funktionalen- und Qualitätsstandards oder -anforderungen ergeben.
Als Projektmanagement definiert die ICB 4 „das Befassen mit der Anwendung von Methoden, Techniken, Tools und Kompetenzen für ein Projekt, um Ziele zu erreichen. Es wird mithilfe von Prozessen umgesetzt und umfasst die Integration verschiedener Phasen des Projektlebenszyklus“ bestehend aus den Projektmanagementphasen Initialisierung, Definition, Planung, Steuerung und Projektabschluss sowie die Führung im Projekt (siehe Abbildung 1). Ein Vorgehensmodell fasst Methoden und Elemente, Prozesse und Phasen eines standardisierten Projektablaufs zusammen. Heute findet man häufig die Begriffe planbasiertes oder klassisches, agiles und hybrides Projektmanagement. Charakterisiert wird zumeist „nur“ das Projektvorgehen bzw. die angewandten Methoden, Prozesse und Rollen: Die Projektmanagementtätigkeiten bleiben die gleichen.
Klassisches, planbasiertes Projektvorgehen
Unter den klassischen, planbasierten, linearen Vorgehensmodellen sind das Wasserfallmodell (Royce 1970) und das V-Modell (Boehm 1979) die bekanntesten. Beides sind sequenzielle Modelle, bei denen die Phasen nacheinander abgearbeitet werden. Diese Modelle wurden für anspruchsvolle Projekte mit hohem Risikopotenzial wie etwa in der Luft- und Raumfahrtindustrie entwickelt. Neben diesen beiden gibt es noch weniger bekannte, aber dennoch häufig genutzte Vorgehensmodelle, darunter nebenläufige (Simultaneous Engineering, Concurrent Engineering) und engpassorientierte Vorgehensmodelle (Critical Chain) sowie das Spiralmodell3. Zum engpassorientierten Vorgehen zählt auch Kanban.
Agilität
Agilität ist derzeit ein sehr positiv besetzter Begriff. Er bezeichnet ein flexibles Vorgehen, das – kurz gesagt – den Kunden einbezieht und selbst organisierte Teams fördert. Entstanden sind agile Vorgehensmodelle aus der Produktion zum Beispiel von Gütern oder Software. Die beiden bekanntesten Vorgehensmodelle sind Kanban4 und Scrum5. Weitere agile Methoden sind Extreme Programming, Feature Driven Development, Lean Development, Design Thinking, Adaptive Software Development, Agile Modelling, Usability Driven Development, Lean Startup, Dynamic System Development Method, Crystal und im erweiterten Sinn auch DevOps. Im IT-Umfeld sind Scrum, Kanban und DevOps am weitesten verbreitet.
Agilität ist weniger eine Frage der Prozesse, sondern zunächst einmal eine Frage der Einstellung und Geisteshaltung.6 Unter Agilität ist kein einheitliches Vorgehensmodell zu verstehen. Alle agilen Ansätze sind kundennah, teamorientiert, lean (schlank) und pragmatisch und setzen auf Kommunikation sowohl mit Kunden als auch im Team. Auf einen intensiven Wissenstransfer über eine detaillierte Dokumentation wird dabei meist verzichtet.
"Dokumentation ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems."
Tom DeMarco, in: „Wien wartet auf Dich!“7
Im agilen Vorgehen wird das Kunden- und Teamfeedback unmittelbar und spontan bei Entscheidungen berücksichtigt. Dafür sollen schlanke Prozesse, Netzwerkstrukturen und selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Arbeiten im Team sorgen. Dabei erfordert das autonome Arbeiten ein hohes Maß an persönlicher Reife und sozialer Kompetenz. Das agile Vorgehen fokussiert die Ausrichtung des Teams auf ein gemeinsames Ziel und die Errichtung eines Projektes rund um motivierte Individuen. Folglich gilt es, dem Team das Umfeld und die Unterstützung zu geben, die es benötigt, und darauf zu vertrauen, dass es die Aufgabe erledigt.8 Daher geht ein hohes Maß an Zeit und Aufwand in das Teambuilding.
"Die Aufgabe eines Managers besteht nicht darin, seine Mitarbeiter zur Arbeit anzuhalten, sondern ihnen das Arbeiten zu ermöglichen."
Tom DeMarco, in: „Wien wartet auf Dich!“9
Agile Vorgehensmodelle unterstützen die Anwendung agiler Werte und Prinzipien, sie können sie aber nicht garantieren. Am Ende kommt es darauf an, diese Werte im Führungsalltag der Projekte, Programme, Portfolios und nicht zuletzt in der Linie zu verankern.10
Einsatzfelder für agiles Vorgehen
Folgt man der Fachliteratur und auch Schulungen, so wird das agile Vorgehen optimalerweise in komplexen Projekten eingesetzt, manchmal auch in als kompliziert bis komplex eingestuften Projekten. Im Regelfall wird dabei auf die Stacey-Matrix verwiesen.11
Scrum
Scrum wurde 1995 erstmals von Schwaber und Sutherland12 beschrieben und ist heute die populärste agile Methode. Dabei beschreibt sich Scrum als „leichtgewichtiges Rahmenwerk, das Menschen, Teams und Organisationen hilft, Wert durch adaptive Lösungen für komplexe Probleme zu generieren“13, und ist demnach kein Vorgehensmodell. Neben den selbstorganisierten Teams setzt Scrum auf „Timeboxing“. Dabei werden sogenannte Sprints in kurzen iterativen Zyklen durchgeführt. Durch die Zusammenarbeit mit Kunden (und Stakeholdern) und die zeitnahe Umsetzung von Anforderungen und Änderungen die Erstellung eines optimalen und qualitativ hochwertigen, nutzbaren Produktes unterstützt werden.
Die Rolle der Projektleitung ist bei Scrum bewusst nicht vorgesehen. Dafür kommen die Rollen Scrum Master und Product Owner zum Einsatz. Soll ein Projekt ohne einen Projektmanager auskommen, müssen seine Aufgaben auf den Scrum Master und Produkt Owner sowie das Team verteilt werden. Das Team organisiert seine Aufgaben selbst, wobei diverse Meeting-Formate (Sprint Planning, Daily SCRUM, Sprint Review etc.) unterstützen. Scrum wurde im Wesentlichen für die Produktentwicklung in der IT entwickelt und macht keinen Hehl daraus, bezüglich Projektmanagement unvollständig zu sein und nur die Anteile zu beschreiben, die beim Einsatz von Scrum zur Realisierung von Anwendungen erforderlich sind.
Vorteile und Grenzen von Scrum
Die Vorteile von Scrum sind die zur Verfügung gestellten Werkzeuge (z. B. Timeboxing) und die Konzentration auf das Team. Aufgrund des großen Hypes um Scrum sind die – vermeintlichen – Vorteile vielen bestens bekannt. Doch ist der Einsatz von Scrum nicht in jedem Fall sinnvoll (siehe „Einsatzfelder für agiles Vorgehen“). Außerhalb von komplexen Umgebungen, wenn Anforderungen und Technologien nahezu klar sind, wird ein planbasierter bzw. hybrider Ansatz empfohlen.14 Auch die hohen Anforderungen an die Mitarbeitenden bezüglich ihrer Fähigkeit zur Selbstorganisation des Teams sind nicht zu unterschätzen. Sie bedürfen einer entsprechenden Qualifikation und hoher Disziplin bei allen Projektbeteiligten. Auch funktioniert eine enge Abstimmung innerhalb eines oder einiger weniger Teams im Regelfall sehr gut. Werden die Projekte größer und komplexer, so muss eine Skalierung des Teams erfolgen, was nicht einfach zu bewerkstelligen ist. In jüngster Zeit haben sich hierzu verschiedene Methoden etabliert (z. B. SAFe15). Durch die Skalierung wiederum steigt der Aufwand für Abstimmung und Koordination. Außerdem ist von Nachteil, dass Kosten und Zeit schwerer planbar sind. Aufgrund fehlender Zuständigkeiten und Hierarchien können im Team Verunsicherungen entstehen. Zudem kann Scrum mit bestehenden Unternehmensstrukturen unvereinbar sein.
Erfolg oder Misserfolg eines Projektes wird oft schon in dem Augenblick vorausbestimmt, in dem das Team zusammengestellt und die erste Marschrichtung ausgegeben wird. "Mit talentierten Leuten kann sich der Projekt Manager ab diesem Zeitpunkt fast schon beruhigt zurücklegen."
Tom DeMarco, in: „Wien wartet auf Dich!“16
Kanban
Im IT-Umfeld wird Kanban oft als Instrument zur Anwendungsentwicklung genutzt. Projektbeteiligte erhalten durch Kanban die Möglichkeit zu einer weitgehend autonomen Arbeitsorganisation sowie zu einer transparenten und effizienten wechselseitigen Information. Mittels Kanban werden komplexe Prozesse in Arbeitsschritte zerlegt. Diese Arbeitsschritte dienen als Grundlage zur Planung von Aufgaben, Optimierungen und Kollaborationsprozessen. Kanban ermöglicht dadurch einen konsistenten und bedarfsgerechten Workflow.
Ein großer Vorteil von Kanban ist, dass sich das Vorgehen sowohl in klassischen als auch agilen Projekten schnell und problemlos einsetzen lässt. Mit der Transparenz, die Kanban schafft, ist es optimal für ein hybrides Projektvorgehen geeignet.
Im Gegensatz zu Scrum schreibt Kanban weder Abläufe noch Strukturen im Detail vor. Stattdessen sind Kanban-Anwender gefordert, individuell passende Regeln zur Zusammenarbeit aufzustellen und die Methode und Arbeitsweise kontinuierlich zu verbessern. Kanban nutzt dabei das „Pull-Prinzip“, das heißt, Aufgaben werden nicht anderen Personen zugewiesen, sondern von jedem selbst bei Bedarf an sich gezogen und bearbeitet.
DevOps
Die Bezeichnung DevOps setzt sich aus Development und Operations (Betrieb oder Produktion) zusammen. Das Vorgehensmodell wurde mit dem Ziel entwickelt, bereichsübergreifend gut zusammenzuarbeiten, schnell zu entwickeln, möglichst zeitnah in den Regelbetrieb übergehen zu können und gleichzeitig Ergebnisse von hoher Qualität zu erzielen. Mit der Einführung von DevOps sollen die Grenzen zwischen Softwareentwicklung und Betrieb fallen. Der Vorteil liegt darin, dass der Betrieb die Software bereits während der Entwicklung vom Entwicklungsteam (ggf. Scrum Team) übernimmt und die kontinuierliche Auslieferung die Qualität der Software erhöht. Das Syndrom „Auf meinem Rechner funktioniert es“ fällt weg, da der Entwickler nicht nur für seinen Code, sondern auch für dessen Lauffähigkeit in der Produktionsumgebung verantwortlich ist. DevOps ist daher für die IT-Produktentwicklung bestens geeignet oder in hybriden Projekten für eine dauerhafte Lieferung in eine Testumgebung. Dabei ist DevOps ein Ansatz, der das agile Vorgehen konsequent weiterführt. Fachanalysten, Entwickler, Tester und Mitarbeitende aus dem Betrieb arbeiten in einem Team zusammen.
Hybrides Projektvorgehen
„Hybrides Vorgehen“ im Projekt ist der Begriff für eine Kombination von unterschiedlichen Vorgehensmodellen oder die Verwendung einzelner Elemente verschiedener methodischer Ansätze. Der Begriff „hybrid“ steht für die Kombination, Vermischung oder Kreuzung von etwas. Hybride Ansätze im Projektvorgehen sind keine Neuheit, sie werden mit der Einführung von Agilität nur bewusster. So finden auch innerhalb des klassischen planbasierten Vorgehens Vermischungen statt. Oft wird hybrides Projektvorgehen als klassisches Projektvorgehen verstanden, das um agile Techniken erweitert wird. Dieses Verständnis ist allerdings viel zu kurz gegriffen.
Holger Timinger schließt sich in seinem Buch „Modernes Projektmanagement in der Praxis“18 nicht der engen Auslegung an, dass hybrides Vorgehen aus mindestens einem planbasierten und mindestes einem agilen Vorgehen besteht. Vielmehr beschreibt er prinzipiell die Kombination unterschiedlicher Vorgehensmodelle als hybrid. Dabei entstehen die hybriden Vorgehensmodelle durch sequenzielle, parallele oder integrierte Kombinationen der unterschiedlichen Vorgehensmodelle. Beim sequenziellen hybriden Vorgehen werden in sich abgeschlossene Projektphasen mit unterschiedlichen Vorgehensmodellen bearbeitet. Hierbei kann etwa die Erstellung der Spezifikation nach einem klassischen Vorgehensmodell erfolgen, die Umsetzung der Anwendung agil jedoch nach Scrum oder auch ScrumBan.
Beim parallelen hybriden Vorgehen werden mehrere Vorgehensmodelle parallel eingesetzt. Prädestiniert dafür sind Programme, in denen unterschiedliche Projekte ein unterschiedliches Vorgehen wählen. Das integrierte hybride Vorgehen verknüpft unterschiedliche Vorgehensmodelle innerhalb einer Phase oder eines (Teil-)Projekts so eng miteinander, dass sich die ursprünglichen Vorgehensmodelle weder zeitlich noch strukturell trennen lassen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Steuerung von Funktionalität und deren Tests mittels Kanban-Board in einem ansonsten planbasierten Projekt erfolgt. Die genannten Beispiele stehen exemplarisch für eine Vielzahl an Kombinations- und Einsatzmöglichkeiten. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob am Ende ein stimmiges Vorgehensmodell mit den gewünschten Stärken und ohne unbeabsichtigte Schwächen entsteht. Mit einem integrierten hybriden Vorgehen lassen sich Projekte auf ganz unterschiedlichen Wegen erfolgreich zum Ziel führen. Auch die Studie „Status Quo Agile“19 zeigt, dass rein agile Vorgehen in Projekten weniger erfolgreich sind als hybride bzw. selektive oder adaptive Ansätze“ – in diesem Beitrag als „integrierte hybride Ansätze“ zusammengefasst.
Das richtige Vorgehensmodell finden
Das Projektvorgehen wird im Rahmen des Projektdesigns festgelegt. Hierzu werden die Bedürfnisse, Wünsche und Einflüsse der Organisation einbezogen – mit dem Ziel, die Wahrscheinlichkeit für den Projekterfolg zu erhöhen.
Entweder wird ein Standardvorgehen wie Wasserfall, Spiralmodell, Scrum etc. gewählt, ein eigenes Vorgehen entwickelt oder mittels Tailoring ein bestehendes Vorgehen angepasst. Im Rahmen des Tailorings wird auf Basis der bekannten standardisierten Vorgehensmodelle (Wasserfall etc.) und der dort genutzten Methoden, Prozesse und Tools ein eigenes Vorgehensmodell entwickelt. Um das richtige Vorgehensmodell zu finden, ist es im ersten Schritt empfehlenswert, die Komplexität eines Projektes zu ermitteln. Dafür sind die Aspekte der Tabelle 1 zu berücksichtigen. Weitere Parameter, welche die Wahl eines Vorgehensmodells erheblich beeinflussen, wurden im Rahmen von Untersuchungen konkretisiert20 (siehe Tabelle 2).
Herausforderungen eines hybriden Projektvorgehens
Projektmanagement in Projekten mit hybridem Vorgehen ist komplex und stellt hohe Anforderungen an Können und Kompetenzen der Projektmanager. Die Projektverantwortlichen, also Auftraggeber, Lenkungsausschuss und Projektmanager, müssen individuell entscheiden, welches Vorgehen sich für ein Projekt eignet (integriertes, situatives Vorgehen).
Dabei steht zum Start des Projektes eine detaillierte Analyse der Anforderungen und Randbedingungen: Wie groß ist das Team? Wie komplex ist der Projektgegenstand? Wie stabil oder dynamisch sind die Projektanforderungen? Sind diese Fragen geklärt, kann festgelegt werden, welche Kombination von Methoden effizient eingesetzt werden kann. Die Auswahl erfordert Kenntnisse der unterschiedlichen planbasierten und agilen Methoden sowie Mut und Kreativität, um die passende Kombination zu finden. Dabei darf nicht unterschätzt werden, dass das Unternehmen, die Stakeholder und das Projektteam sich auf Neues einlassen, also Veränderungen respektieren und akzeptieren müssen.
Auch ein hybrides Projektvorgehen ist kein Allheilmittel. Es erweitert die Möglichkeiten und erlaubt eine individuelle Reaktion auf die Anforderungen der Realität. Für Unternehmen und Behörden ist das hybride Vorgehen eine konkrete und pragmatische Option. Es erhöht die Wahrscheinlichkeit, den besten Weg zu wählen und das Projekt zum Erfolg zu führen. Die eigentlichen Probleme, die zum Misserfolg eines Projektes führen, werden durch die Auswahl des am besten geeigneten Projektvorgehens selbstverständlich dennoch nicht automatisch behoben.
Status Quo Agile
Eine der bekanntesten wissenschaftlichen Studien zum Einsatz agiler Vorgehensmodelle ist die schon erwähnte „Status Quo Agile“. Die Studie stellt klar: „Agile Ansätze sind keine Projektmanagementmethoden im eigentlichen Sinne.“ Sie präzisiert, dass es kein agiles, hybrides oder klassisches Projektmanagement gibt, auch wenn das mannigfaltig im Internet zu lesen ist. Es gibt das Projektmanagement und die im Projekt genutzten Vorgehensmodelle. Weiterhin stellt die Studie klar: „Ein Projekt ist durch seine „Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit“21 gekennzeichnet. Mit der Definition eines Projektes werden klare Ziele sowie ein zeitlicher Rahmen und finanziell begrenzte Ressourcen festgelegt. Damit unterscheidet sich der Ansatz des Projektmanagements grundlegend von vielen agilen Ansätzen (Scrum und Kanban).
- Die Mehrheit der Anwender agiler Ansätze nutzt diese selektiv oder in einer Mischform (43 % hybride Anwender, 28 % selektive Anwender).
- Mit 84 % ist Scrum weiterhin der meistgenutzte agile Ansatz auf Teamebene. Danach folgen Kanban, DevOps, Lean und Design Thinking.
- Die Erfolgsquote agiler Ansätze wird weiterhin deutlich positiver bewertet als die des klassischen Projektmanagements. Allerdings zeigen sich im Zeitreihenvergleich zunehmend weniger positive Einschätzungen durch die agilen Anwender und eine Annäherung der Bewertung der Erfolgsquote zwischen den agilen und klassischen Anwendern über die Studienergebnisse hinweg (siehe Tabelle 3).
So haben im Jahr 2012 noch 89 % der Befragten eine Erfolgsquote beim Einsatz agiler Ansätze zwischen 70 % und 100 % angegeben. Im Jahr 2019 waren es nur noch 72 % der Befragten. Dagegen stieg die Erfolgsquote beim Einsatz der klassischen Projektmanagement- Methoden seit 2014 kontinuierlich an. Die Erfolgsquote zwischen 70 % und 100 % wurde 2014 von 59 % der Befragten, 2019 von 66 % der Befragten genannt und liegt damit nur noch geringfügig niedriger als die Erfolgsquote agiler Projekte.
Zusammenfassung
Das integrierte hybride Vorgehen ist für einfache bis hin zu komplexen Projekten geeignet. Durch eine Anpassung des Projektvorgehens auf die Anforderungen an das Projekt und die Gegebenheiten im Projektumfeld werden die Stärken des jeweiligen Vorgehens genutzt. Hybride Vorgehensmodelle vereinen das Beste aus beiden Welten. Ein passendes Vorgehensmodell – ob klassisch, agil oder hybrid – trägt dazu bei, ein Projekt zum Erfolg zu führen. Maßgeblich sind aber die „kritischen Erfolgsfaktoren“, das heißt, „die Dinge, die richtig laufen müssen, um den Projekterfolg zu sichern“.22 Dabei handelt es sich um Managementbereiche, denen kontinuierlich Aufmerksamkeit geschenkt werden muss. Die am häufigsten genannten Erfolgsfaktoren sind: ein erfolgreicher Projektstart, die erste Projektphase, die sinnvolle/zielführende Zusammenstellung des Projektteams, die sozialen, technischen und kommunikativen Fähigkeiten des Teams, stets volle Klarheit über die Projektziele seitens des Projektteams, die Soft Skills des Projektleitenden, die Vereinbarung von klaren Zielen und Anforderungen zwischen Projektleitung und -team sowie zwischen Projektleitung und Auftraggeber/ Management, die Unterstützung durch das Top-Management, verlässliche Kommunikation/Information.
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Quellen
1 Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM4), Handbuch für Weiterbildung im Projektmanagement, hrsg. von GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V., Nürnberg 2019.
2 Timinger, Holger: Modernes Projektmanagement in der Praxis, Wiley-VCH Weinheim 2021, Abbildung 4.11.
3 Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM4), Handbuch für Weiterbildung im Projektmanagement, hrsg. von GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V., Nürnberg 2019.
4 Anderson, David J.: Kanban: Successful Evolutionary Change for Your Technology Business. Blue Hole Press; Illustrated Edition (7. April 2010).
5 https://scrumguides.org/docs/scrumguide/v2020/2020-Scrum-Guide-German.pdf. Ken Schwaber & Jeff Sutherland 2020 (abgerufen am 9.11.2021).
6 Timinger, Holger: Modernes Projektmanagement in der Praxis, Wiley-VCH Weinheim 2021.
7 DeMarco, Tom, Timothy Lister, Peter Hruschka: Wien wartet auf Dich! Produktive Projekte und Teams, Auflage: 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Hanser Verlag München 2014, S. 188.
8 https://agilemanifesto.org/iso/de/manifesto.html. Manifest für agile Softwareentwicklung (abgerufen am 9.11.2021).
9 DeMarco, Tom, Timothy Lister, Peter Hruschka: Wien wartet auf Dich! Produktive Projekte und Teams, Auflage: 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Hanser Verlag München 2014, S. 34.
10 Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM4), Handbuch für Weiterbildung im Projektmanagement, hrsg. von GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e.V., Nürnberg 2019.
11 Stacey, Ralph D.: Strategic Management and Organisational Dynamics: The Challenge of Complexity to Ways of Thinking About Organisations, Pitman Publishing London 1993.
12 https://scrumguides.org/docs/scrumguide/v2020/2020-Scrum-Guide-German.pdf. Ken Schwaber & Jeff Sutherland 2020 (abgerufen am 9.11.2021).
13 https://scrumguides.org/docs/scrumguide/v2020/2020-Scrum-Guide-German.pdf (abgerufen am 9.11.2021).
14 Timinger, Holger: Modernes Projektmanagement in der Praxis, Wiley-VCH Weinheim 2021, Abbildung 4.11.
15 https://www.scaledagileframework.com/ (abgerufen am 09.11.2021).
16 DeMarco, Tom, Timothy Lister, Peter Hruschka: Wien wartet auf Dich! Produktive Projekte und Teams, Auflage: 3., überarbeitete und erweiterte Auflage, Hanser Verlag München 2014, S. 93.
17 https://ifm-business.de/aktuelles/business-news/hybrides-projektmanagement-definition-und-methoden-von-traditionell-ueber-agil-bis-hybrid.html (abgerufen am 9.11.2021).
18 Timinger, Holger: Modernes Projektmanagement in der Praxis, Wiley-VCH Weinheim 2021.
19 Status Quo (Scaled) Agile. 4. Studie zu Nutzen und Erfolgsfaktoren agiler Methoden, durchgeführt von der Hochschule Koblenz (BPM-Labor für Business Process Management und Organizational Excellence; Prof. Dr. Ayelt Komus) zusammen mit der IPMA /GPM und weiteren Beteiligte, kostenloser Download unter https://www.process-and-project.net/studien/studienunterseiten/status-quo-scaled-agile-2020/ (abgerufen am 22.11.2021).
20 https://ifm-business.de/aktuelles/business-news/hybrides-projektmanagement-definition-und-methoden-von-traditionell-ueber-agil-bis-hybrid.html (abgerufen am 9.11.2021).
21 Timinger, Holger: Modernes Projektmanagement in der Praxis, Wiley-VCH Weinheim 2021.
22 https://www.gpm-ipma.de/fileadmin/user_upload/GPM/Know-How/Studie_Erfolgsfaktoren.pdf (abgerufen am 9.11.2021).