Zuerst erschienen in der Ausgabe .public 01-2020
von Joachim Schonowski
Das Potenzial von Daten zur Weiterentwicklung der Kommune in vier Dimensionen
Digitalisierung spielt schon heute in nahezu allen Lebensbereichen eine große Rolle. Und sie wird als zentraler Baustein für die Steigerung der Lebensqualität, als entscheidender Beitrag für Nachhaltigkeit und als möglicher Standortvorteil im Sinne einer Daseinsvorsorge weiter an Bedeutung gewinnen. Mithilfe des „Internets der Dinge“ (Internet of Things – IoT) und der zukünftig allumfassenden Vernetzung kann in Echtzeit ein digitales Abbild der analogen Welt erstellt werden. Dabei werden entweder einzelne digitale Objekte wie Sensoren oder deren aggregierende und orchestrierende Managementsysteme über eine zentrale Datenplattform verbunden. Durch moderne Datenanalysewerkzeuge und auch künstliche Intelligenz können, für unterschiedlichste Anforderungen, Statistiken, drei- oder multidimensionale Modellierungen oder Vorhersagen berechnet und visualisiert werden. Im Kontext von Industrie 4.0 wird eine solche Kombination von digitaler und physischer Welt auch „Cyber-physisches System“ (CPS) genannt.
Neben einer technologiebasierten, prozessualen Effizienzsteigerung und Arbeitserleichterung bieten digitale Plattformen mit den gewonnenen Daten neue ökonomische Möglichkeiten, die oft unter dem Begriff „Plattformökonomie“ subsummiert werden. Auf der digitalen Plattform finden unterschiedliche Anbieter und eine Vielzahl von Abnehmern zusammen. Man spricht daher von einem mehrseitigen Geschäftsmodell. Die digitalen Plattformen und Marktplätze sind für herkömmliche Geschäftsmodelle oder auch für ganze Branchen oftmals eine Bedrohung. Unternehmen aus der analogen Welt erleiden empfindliche Verluste oder verschwinden vielleicht langfristig sogar komplett. Dies ist bereits in der Musikindustrie der Fall, wo Streamingdienste Tonträger weitgehend ersetzt haben, oder im Tourismus, wo Buchungsplattformen Reisebüros ablösen und Communityplattformen Hotels die Gäste wegnehmen.
Die neuen Plattformen basieren wesentlich auf großen Datenmengen, die sie von ihren Nutzern einsammeln, denn Nutzungsdaten und Nutzerprofile sind ein zentrales Element ihres Geschäftsmodells. Um die (Daten-)Macht dieser oftmals monopolartigen Systeme zu begrenzen, sind zentrale rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen wie Datensparsamkeit, Datensicherheit oder Datenschutz notwendig und müssen seitens der Politik durchgesetzt werden.
Die Intelligente Kommune, ein Ökosystem im Wandel
Das Zusammenleben in Städten und Gemeinden, das sich aus vielfältigen Interaktionen zwischen zahlreichen Akteuren zusammensetzt – aus Verwaltungsleistungen und kommunalen Diensten (staatlich oder privat erbracht), aber auch Gesundheitsversorgung, Vereinsleben, Veranstaltungen und vielem mehr –, scheint geradezu prädestiniert für einen digitalen Zwilling, die Organisation als Plattform. Allerdings stellen die oben beschriebenen Entwicklungen Kommunen vor ganz eigene Herausforderungen auf technischer, ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene. Beispiele aus anderen Ländern zeigen die kulturellen Unterschiede. In China werden kommunale Datenplattformen unter Verwendung von künstlicher Intelligenz für ein nationales soziales Punktesystem genutzt und tragen zu einem autoritär geführten Überwachungsstaat bei. In den USA herrscht eine industriefreundliche Nutzung vor, das heißt, die Industrie stellt städtische Infrastruktur kombiniert mit einer zentralen Datenplattform bereit, betreibt sie und nutzt die daraus generierten Daten auch für eigene Zwecke.1 Für die Kommunen hierzulande beziehungsweise in Europa sollten im Unterschied dazu Aufgaben in unterschiedlichen Dimensionen und aus unterschiedlichen Blickwinkeln gelöst werden:
- Aus technischer Sicht sollten die unterschiedlichen Handlungsfelder in einer interoperablen kommunalen Datenplattform zusammengeführt werden. Weitere Themen, wie u. a. digitale Resilienz, dynamische Systemsicherheit, Datenschutz „by design“ und auch rechtlich-regulatorische Rahmenbedingungen, sollten idealerweise bereits von vornherein mitgedacht werden.
- Aus ökonomischer Sicht muss geklärt werden, wer die Hoheit über die gewonnenen Daten hat (Datensouveränität), wie, von wem und gegebenenfalls zu welchem Preis diese genutzt werden dürfen, wie die lokale Wirtschaft und neue Geschäftsmodelle dadurch gefördert werden können oder auch wie zum Beispiel der Bürger selbst über eigene datenbasierte Marktplätze Geld erwirtschaften kann.
- Aus sozialer Sicht sollten die lokalen Akteure (Bürger, Vereine, Körperschaften, Unternehmen, Politik und Verwaltung) in die Gestaltung der Plattform und der darauf laufenden Anwendungen partizipativ eingebunden sein, damit neben einer Steigerung der Lebensqualität in der Stadt und auf dem Land auch soziale und ethische Aspekte adressiert, Vertrauen in und Akzeptanz für die Entwicklung gestärkt werden – und die Plattform insgesamt Gemeinwohl und Gemeinsinn voranbringt. Ein Regelwerk zu Datensicherheit und -schutz gehört ebenfalls in diesen Kontext.
- Aus ökologischer Sicht sollten die Daten für mehr Ressourceneffizienz, die Reduktion von Schadstoffen und anderen Emissionen (beispielsweise Lärm) oder nachhaltiges Wirtschaften (in Kreisläufen) nutzbar gemacht werden und zugleich sollte auch der Energieverbrauch der digitalen Systeme und im Plattformbetrieb minimiert werden. Ziel sollte es sein, durch eine Balance einen Mehrwert über diese vier Dimensionen zu erzielen (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1:Kommunale Datenplattform und digitale Balance
Eine Herausforderung besteht gerade in Deutschland und Europa darin, die digitale Transformation im laufenden Betrieb von historisch gewachsenen kommunalen Ökosystemen durchzuführen.
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Die Standardisierung von „Smart City“ und implizit auch der handlungsfelderübergreifenden Datenplattform (hkD) findet in den globalen Standardisierungsorganisationen statt und wird national gespiegelt: ISO TC 268 & DIN Nagus, ISO/IEC JTC1-WG11 & DIN NIA, IEC Syc SCC & DKE K201, wobei diese Gremien auch jeweils mit den Smart-City-EU-Gremien CEN/CENELEC/ETSI kooperieren. Die Zusammenfassung der drei nationalen Gremien wird für die Kommunen und Industrie im DIN Smart City Standards Forum2 aufbereitet. Als Grundlage für den Aufbau einer hkD können unter anderem die Referenzarchitektur des EIP SCC3, die DIN Spec Pas 913574 sowie die aktuelle Standardisierung in der ISO/IEC gelten.
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Die technologische Sicht
Das technologische Rückgrat digitaler kommunaler Plattformen besteht im Wesentlichen aus drei ineinandergreifenden Bausteinen der Internet- und Telekommunikationstechnologie (IKT):
- Die die Daten generierende digitale Infrastruktur, zum Beispiel in Form von Sensorik/Aktorik im kommunalen Raum
- Die Telekommunikation mittels entsprechender Funktechnologien zwischen den einzelnen Komponenten (zum Beispiel den Sensoren) und zu zentralen Steuereinheiten
- Die zentrale Plattform und die zugehörigen IT-Steuerungssysteme, die die Daten sammeln und alle weiteren Dienste und Anwendungen ermöglichen
Das bedeutet die technische (horizontale) Verknüpfung von mehreren digitalen Systemen aus verschiedenen Handlungsfeldern, wie zum Beispiel Mobilität, Energie und Infrastruktur, zu einem „System-von-Systemen“ (siehe Abbildung 2). Dem kann eine cloudbasierte Plattform (PaaS) zugrunde liegen, die auf einer beliebigen Infrastruktur in der Cloud (IaaS) von sogenannten Hyperscalern betrieben werden kann. Die kommunale Datenplattform schafft einen zusammenhängenden, übergreifenden Datenraum mit einer einheitlichen Semantik. Durch den Einsatz von Data Science und künstlicher Intelligenz können in diesem übergreifenden Datenraum neue Erkenntnisse und Zusammenhänge erschlossen werden. Dadurch können weitere Nutzungsszenarien entstehen. Und die Analysen und Auswertungen können als „offene Daten“ der kommunalen Gesellschaft oder Gründern zur Verfügung stehen. Innerhalb der einzelnen Handlungsfelder werden meistens dedizierte Standards verwendet, die die handlungsfelderübergreifende kommunale Datenplattform (hkD) integrieren muss. Eine zentrale Voraussetzung und Aufgabe der hkD ist die Bereitstellung eines einheitlichen fachlichen Datenmodells.
Abbildung 2: Vereinfachte Darstellung standardbasierter kommunaler Datenplattformen
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10 Thesen zur Handlungsfelderübergreifenden kommunalen Datenplattform auf technologischer Sicht:
1. Eine handlungsfelderübergreifende kommunale Datenplattform besteht aus einem System von Systemen.
2. Zielsetzung ist die Verknüpfung unterschiedlicher Handlungsfelder beziehungsweise deren (IoT-)Systeme.
3. Die Verknüpfung bietet die Möglichkeit zur Orchestrierung einzelner oder mehrerer Systeme.
4. Interoperabilität über verschiedene Plattformen hinweg kann sinnvoll nur über den Einsatz offener, globaler Standards erreicht werden.
5. Die unterschiedlichen, teils unstrukturierten Rohdaten sollen in ein einheitliches Datenmodell überführt werden.
6. Es entsteht ein Datenraum über alle verknüpften Systeme.
7. Ein einheitliches Datenmodell ermöglicht einfachen Datenaustausch mit anderen standardbasierten Plattformen und einheitliche Regelsetzungen, zum Beispiel in Bezug auf Datenschutz.
8. Mithilfe globaler Standards (z. B. für Benutzerschnittstellen) entsteht für Datengeber und Datenabnehmer systemseitige Sicherheit bei der Nutzung.
9. Durch den Einsatz offener, globaler Standards können Herstellerabhängigkeiten von Beginn an vermieden werden.
10. Die Verwendung offener, globaler Standards reduziert Systemanforderungen und ist daher ökonomisch, ökologisch und sozial erstrebenswert
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Auf Basis von offenen Standards können weitere Systeme über standardisierte Schnittstellen einfach angeschlossen werden. Darüber hinaus gewährleisten sie die Interoperabilität auch mit anderen kommunalen Datenplattformen. Standardisierung hat auch das Potenzial, die technische Komplexität im Zusammenspiel der Systeme zu reduzieren, Datenaustausch zu vereinfachen und Herstellerabhängigkeit zu vermeiden. Die Verwendung offener, standardisierter Infrastrukturen und Plattformen reduziert Systemanforderungen. Gateways oder ähnliche Systeme, die als „Übersetzer“ zwischen unterschiedlichen Systemen beziehungsweise Protokollen fungieren, können eingespart werden. Durch die Nutzung von Standards können sich Kommunen, Anbieter oder Gründer leichter am Prozess der Weiterentwicklung beteiligen und damit auch neue Nutzerszenarien, einheitliche rechtliche oder regulatorische Regelsetzungen gestalten – die Basis für einen offenen plattformökonomischen Ansatz.
Die ökonomische Sicht: Plattform- und Datenökonomie
Zentrale Treiber und Geschäftsmodell der Digitalisierung sind Kostenoptimierung beziehungsweise -senkung durch Prozessoptimierung. Das Onlinezugangsgesetz (OZG) spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle, da es indirekt auch Lösungen impliziert, die eine Kostenoptimierung in der Verwaltung nach sich ziehen. Dazu gehört beispielsweise die Einrichtung von dienstübergreifenden Nutzerkonten auf Basis einer sicheren Identität für alle Verwaltungsleistungen des Bundes, der Länder und der Kommunen. Für Kommunen bedeutet dies: „Aus kommunaler Sicht stellt sich dabei immer mehr die Frage, in welchen Fällen Daten entgeltfrei an private kommerzielle Verwender herausgegeben werden müssen und in welchen Fällen die Weiterverwendung kostenpflichtig sein darf. Für die Kommunen ist diese Frage von besonderem Interesse, da die Daten mit teils hohem finanziellem Aufwand generiert werden und privaten Unternehmen dann im Gegenzug die Möglichkeit eingeräumt wird, mit den (kostenlosen) Daten unternehmerische Gewinne zu erzielen.“5
Eine typische digitale Wertschöpfungskette verknüpft die Leistungen der verschiedenen Akteure eines oder mehrerer Handlungsfelder von den IoT-Komponenten bis hin zur Anwendung und teilt die Kosten und Erträge zwischen diesen auf. Durch den Einsatz von cloudbasierten Systemen und die damit verbundene Skalierung können hier extreme Kostenvorteile entstehen. Der größte ökonomische Hebel entsteht durch die Verbindung der verschiedenen Wertschöpfungsketten zu einem Wertschöpfungsgitter.6 Handlungsfelderübergreifend entstehen Datenmarktplätze, die mehrseitige Geschäftsmodelle ermöglichen. So könnten Nutzer von Elektrofahrzeugen auf Basis von Energie- und Mobilitätsdaten (Strompreisen und Standorten von Ladesäulen) den idealen Zeitpunkt und Ort der Aufladevorgänge bestimmen.
Die ökologische Sicht: Kreislauflogik
Auf der Weltsiedlungskonferenz Habitat III 2016 wurde die „New Urban Agenda“ der Vereinten Nationen beschlossen.7 Diese gibt eine Reihe von Handlungsempfehlungen im globalen Rahmen und mahnt insbesondere auch die Einhaltung von 17 Nachhal- tigkeitszielen (Sustainable Development Goals, SDG) an. Das elfte Ziel behandelt das Thema „Smart Cities and Communities“. Es fordert auf, keine Region zurückzulassen und möglichst gleichwertige Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land zu schaffen. Die Digitalisierung wird als Chance beziehungsweise Hilfe bei der Antwort auf die aktuellen Herausforderungen im Bereich des Umwelt- und besonders des Klimaschutzes gesehen. Angestrebt wird das Design ganzer Produktionssysteme und Wertschöpfungsketten als geschlossene Kreisläufe – und damit einhergehend eine Reduzierun von Abfällen, Emissionen beziehungsweise Energie- und Materialverlusten jeglicher Art.
National wird in der „Smart Citys Charta für die digitale Stadtentwicklung“ gefordert, dass digitale Stadtentwicklung „klimaneutral und ressourceneffizient, unter Förderung umweltfreundlicher Mobilitäts-, Energie-, Wärme-, Wasser-, Abwasser- und Abfallkonzepte“ sein soll.8 Dadurch sollen „CO2-neutrale, grüne und gesunde Kommunen“ entstehen. Die digitale Transformation soll bewusst gesteuert werden und lokale Wertschöpfung, Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Lebensstile unterstützen beziehungsweise in den Vordergrund stellen. Lokale Ziele sollen auch auf nationale und internationale Klimaschutzziele der Bundesregierung einzahlen.
Die Digitalisierung bietet in diesem Zusammenhang die Möglichkeit genauerer Ist-Analysen, zum Beispiel der Qualität von Luft, Wasser oder von Schadstoffbelastungen, wie Nitrat in der Landwirtschaft, und die Berechnung schadstoffminimierender Einträge, etwa durch eine angepasste Verkehrssteuerung oder optimierte Düngung. Weitere Beispiele für die Potenziale durch Digitalisierung und Datenanalyse im Kontext von Kommunen sind die Lieferkettenoptimierung in der Logistik oder verbesserter Materialeinsatz im Bauwesen. Die Stadt Prag plant, mithilfe einer verbesserten Datenlage und mit der Zielsetzung des Kreislaufgedankens ein detailliertes Bild über verwendete Baumaterialien zu bekommen und einen höheren Anteil von wiederverwerteten und -verwertbaren Materialien zu erreichen sowie schon in der Planungs- und Bauphase eine Art „Kreislaufbau“ inklusive Rückbau zu berücksichtigen.
Einen Beitrag zu ökologischem Wirtschaften können auch servicebasierte Geschäftsmodelle leisten, etwa das Ausleihen beispielsweise von Baumaschinen analog zum Konzept von Mietwagen. Der Wandel vom Besitz zur Nutzung kann durch eine bessere Auslastung der Maschinen den Ressourcenverbrauch reduzieren helfen. Nicht zuletzt der Energieverbrauch der kommunalen Datenplattform selbst beziehungsweise ihrer Dienste sollte in der ökologischen Dimension beachtet werden, und Kosten und Nutzen sollten im Sinne der Nachhaltigkeit abgewogen werden.
Die soziologische Sicht: Lebensqualität
Die kommunale Datenplattform und die aus ihr entstehende Datenökonomie braucht eine legitime Steuerung: Das beinhaltet klare Regeln, öffentlichen Nutzen, Partizipation der Kommunalgesellschaft – also die Einbindung aller Akteure – und eine organisatorische Verortung und Verantwortung, also eine digitale Leitstelle oder Digitalisierungsverantwortliche (etwa Chief Digital Officer).
Abbildung 3: Entwicklungsstufen der Digitalisierung von Kommunen (inkl. Projektion)
Die Marktkapitalisierung von heutigen Internetfirmen ist in einem kurzen Zeitraum massiv gestiegen und beruht im Wesentlichen auf Daten, die auch oft als die Währung des 21. Jahrhunderts bezeichnet werden. Ihr ökonomischer Wert beruht wesentlich auf der Analyse des Nutzungsverhaltens und auf der damit verbundenen zielgerichteten Werbung, aber auch auf der Entwicklung anderer zielgenauer Produkte und Services etwa in der Gesundheitsversorgung oder im Bereich der Mobilität. Übertragen auf den kommunalen Raum hieße das die Entwicklung besserer Services in allen Feldern der öffentlichen Daseinsvorsorge (von der Müllabfuhr über die Parkraumbewirtschaftung bis zur Planung von Schulbauten) und eine erhebliche prozessuale Effizienzsteigerung, zum Beispiel in der Verwaltung, oder die Verknüpfung von Diensten über verschiedene Handlungsfelder hinweg. Ganz wesentlich ist in diesem Zusammenhang die Verständigung über sämtliche mit der Sammlung und Nutzung der Daten zusammenhängenden Themen, also Datenschutz, -kontrolle, oder -hoheit, Datennutzen, -ökonomie und -ethik. So ist etwa das Verhältnis zwischen der (freien) Bereitstellung offener Daten und dem ökonomischen Nutzen für die Kommune aus den Daten zumindest diskussionswürdig. Denn eine kostenfreie Datenbank für Internetmonopolisten soll am Ende ja nicht mit Steuergeldern bezahlt worden sein. Mit der erhöhten und genaueren Datenbasis einer Kommune kann die Stadtplanung schon heute transparenter und mit einem hohen Detailgrad durchgeführt werden. 3-D-Stadtplanung auf Basis einer kommunalen Datenplattform ermöglicht auch eine frühzeitige Einbindung und Beteiligung der betroffenen Akteure und der Stadtgesellschaft. Das Modell wird beispielsweise in Hamburg bereits erfolgreich praktiziert, eine Beteiligung ist sowohl online als auch „live“ an sogenannten Datentischen möglich.9
Die Relevanz der Daten hängt vom jeweiligen Nutzungsszenario ab. Mithilfe der Bündelung unterschiedlicher kommunaler Daten, wie zum Beispiel Melde-, Umwelt-, Geo- oder Verkehrsdaten, auf einer handlungsfelderübergreifenden kommunalen Datenplattform (hkD) entstehen neue Möglichkeiten: Die Stadt Hamburg stellt bereits auf Basis einer standardbasierten, urbanen Datenplattform eine Vielzahl von Anwendungen auf ihrem „Masterportal OpenSource Geoportal“10 zur Verfügung. Andere europäische Städte gehen ähnliche Wege und bieten über eine hkD verschiedenen Service-Apps auf der UI-Ebene, die den Zugriff auf die Daten erleichtern – und zwar auf sämtliche Daten. Die Daten in einer hkD sollten der Kommune gehören. Dann können sie von Bürgern, Privatunternehmen und anderen Interessenten genutzt werden. Stadt und Einwohner bleiben jedoch die wahren Eigentümer und entscheiden beispielsweise über Zugriff, Datenschutz und so weiter. Zielsetzung der Kommune ist die fühlbare Steigerung der Lebensqualität für ihre Bewohner und Gäste. Damit verbunden ist eine Steigerung der Attraktivität, die sie im Wettbewerb zwischen den Kommunen unter anderem um Wirtschaft, Arbeitsplätze und Touristen usw. braucht – ein ökonomischer Effekt.
Fazit
In vielen Kommunen wurden mithilfe von Piloten, unter anderem zu intelligenten Straßenlaternen, Füllstandsensoren in öffentlichen Müllbehältern oder intelligenten Quartieren mit verschiedenen Mobilitätsdiensten und vernetzten (erneuerbaren) Energiesystemen, erste Erfahrungen in Richtung Smart City (Smart City 1.0) gemacht. Oftmals wurden dabei schon Verknüpfungen zwischen Handlungsfeldern hergestellt (Smart City 2.0). Nun folgt die Integration auf einer Plattform, die technologisch adäquat und interoperabel aufgesetzt werden sollte (Smart City 3.0). Um schneller zur Smart City 5.0 zu gelangen, einer Kommune, die vom Design her die Digitalisierung für eine partizipative und eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Kreislauflogik nutzt, ist es wichtig, alle vier Dimensionen gleichzeitig zu beachten beziehungsweise auszubalancieren. Für einen europäischen Weg stehen – neben der Interoperabilität mittels einer einheitlichen digitalen Infrastruktur – die nächsten Fragestellungen quasi schon vor der Tür: Daten und Datensouveränität gilt es, sozial ausgewogen zu betrachten. Das technisch erweiterte Ökosystem Kommune benötigt eine zusätzliche Form der technischen Resilienz. Die aktuelle Ökonomie wird sich immer stärker in Richtung Kreislaufwirtschaft bewegen, um die ökologischen Ziele der anstehenden europäischen Klimaziele von Horizon Europe zu erreichen. Dabei spielen die Strategie und Gestaltung der digitalen Balance eine wesentliche Rolle.
1 https://www.mobilegeeks.de/artikel/sidewalk-labs-in-toronto-entsteht-alphabets-smart-city/ (abgerufen am 01.06.2022).
2 https://www.din.de/de/forschung-und-innovation/themen/smart-cities/smart-city-standards-forum (abgerufen am 26.02.2020, aktualisiert am 01.06.2022).
3 http://espresso.espresso-project.eu/wp-content/uploads/2018/04/EIP-SCC-OUP-WS2-Reference-Architecture-and-Design-Principles-Main.pdf (abgerufen am 26.02.2020).
4 DIN Spec Pas 91357 „Open Urban Platforms“ https://www.beuth.de/de/technische-regel/din-spec-91357/281077528 (abgerufen am 26.02.2020).
5 https://www.bbsr.bund.de/BBSR/DE/Veroeffentlichungen/Sonderveroeffentlichungen/2019/smart-cities-kommunale-daten-dl.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (abgerufen am 26.02.2020).
6 Siehe auch J. Schonowski: The Value Grid of Smart Cities (https://www.eurescom.eu/wp-content/uploads/2021/11/Eurescom-message-Winter-2015-web.pdf, abgerufen am 26.02.2020).
7 http://habitat3.org/wp-content/uploads/NUA-German.pdf (abgerufen am 5.03.2020).
8 https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/EN/themen/building-housing/city-housing/smart-city-charter-short.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (abgerufen am 5.03.2020).
9 https://www.hamburg.de/grasbrook-beteiligung/.
10 https://www.hamburg.de/geowerkstatt/8856396/masterportal/ (abgerufen am 26.02.2020).