Was versteht man unter einer Multi-Cloud und der damit verbundenen Multi-Cloud-Strategie?
Shinja Strasser: Die Multi-Cloud bzw. Multi-Cloud-Strategie ist ein Konzept, bei welchem die öffentliche Verwaltung verschiedene Cloud-Plattformen und -Lösungen von unterschiedlichen Anbietern nutzt, um ihre IT-Infrastruktur und -Dienstleistungen zu verbessern. Anstatt sich an einen einzigen Cloud-Anbieter zu binden, greift die öffentliche Verwaltung mit der Multi-Cloud-Strategie auf die Vorteile verschiedener Anbieter zu, um die beste Lösung für ihre spezifischen Anforderungen zu finden. Dadurch kann die Abhängigkeit von einem einzigen Anbieter reduziert und gleichzeitig die Flexibilität, Skalierbarkeit und weitere Skaleneffekte verbessert werden. Am besten kombiniert man die Multi-Cloud-Strategie im Zusammenspiel mit einer Cloud-First-Strategie.
Warum sollte man zwei Strategien - Mulicloud und Cloud-First - verfolgen?
Shinja Strasser: Es sind nicht unbedingt zwei Strategien. Eine Multi-Cloud- und Cloud-First-Strategie ergänzen sich perfekt in einem Zug. Die Cloud-First-Strategie ist eine Richtlinie, die von der öffentlichen Verwaltung implementiert wird, um den Einsatz von Cloud-Technologien als primäre IT-Infrastruktur zu fördern. Wird die Multicloud- mit der Cloud-First-Strategie kombiniert, werden IT-Dienste, Anwendungen und Systeme bevorzugt und primär in mehreren Cloud-Umgebungen bereitgestellt - vorausgesetzt dies ist technisch und wirtschaftlich sinnvoll. Diese Kombination kann dazu beitragen, die Skalierbarkeit und Flexibilität zu erhöhen und die Zusammenarbeit und Integration von Diensten und Daten zu verbessern. Der Cloud-First-Gedanke ist nicht neu, sondern bereits im vollen Umfang im EfA (Einer-für-Alle) Prinzip verankert.
Inwieweit können die letzten Zeilen aus Alexandre Dumas „Die drei Musketiere“ - Einer für Alle - mit der Multi-Cloud und Cloud-First kombiniert werden?
Shinja Strasser: Das Prinzip "Einer für Alle" ist in diesem Kontext von großer Bedeutung, da es die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Ebenen der Verwaltung fördert. Wenn eine Behörde oder ein Bundesland eine IT-Lösung entwickelt, die für andere möglicher Weise auch nützlich ist, kann sie diese Lösung auf einer Cloud-Plattform zur Verfügung stellen. Andere Behörden oder Bundesländer können dann darauf zugreifen und sie für ihre eigenen Bedürfnisse anpassen, anstatt eine komplett eigene Lösung zu entwickeln. Das bündelt Ressourcen und Know-how, wodurch die Effizienz und Effektivität von Prozessen und Dienstleistungen verbessert werden kann. Man muss das Rad nicht immer wieder neu erfinden. Die Cloud-First Strategie und das Prinzip "Einer für Alle" (EfA) verstärken sich gegenseitig und können so einen positiven Effekt auf die Zusammenarbeit zwischen Bund, Bundesländern und Kommunen haben. Dadurch können Kosten gespart und Synergien genutzt werden. Die Cloud-First Strategie unterstützt diesen Ansatz, indem sie die Nutzung von Cloud-basierten Lösungen für die IT-Infrastruktur und -Dienstleistungen priorisiert.
Welche Rolle spielt hierbei die Datensicherheit und die Digitale Souveränität?
Shinja Strasser: Die Multi-Cloud-Strategie kann auch dazu beitragen, die Datensicherheit und den Datenschutz zu verbessern, da die Nutzung mehrerer Cloud-Anbieter die Abhängigkeit von einem einzigen Anbieter reduziert und Daten auf mehrere Plattformen verteilt werden können. Was passieren kann, wenn man all seine Daten an nur einem Ort sichert, kann man fast wöchentlich in den Medien lesen. Hier breit aufgestellt zu sein und unterschiedliche Plattformen zu nutzen, ist gerade für sensible Daten unerlässlich. Darüber hinaus können durch die Nutzung mehrerer Cloud-Plattformen verschiedene Sicherheitsmaßnahmen und -standards kombiniert werden. Insgesamt bietet die Multi-Cloud-Strategie Bund, Bundesländern und Kommunen eine weitere Möglichkeit, ihre IT-Infrastruktur und -Dienstleistungen zu modernisieren und zu optimieren. Zudem gewährleistet der Ansatz der Multi-Cloud bei der Erstellung von Diensten und Anwendungen bereits im Design die Umsetzung von Souveränität, da diese bei verschiedenen Anbietern und in Kombination mit bestehenden Rechenzentren laufen können müssen.
Für wen ist eine Multi-Cloud-Strategie besonders interessant?
Shinja Strasser: Eigentlich für alle, die ein digitales Angebot für die öffentliche Verwaltung entwickeln möchten. Ganz konkret bedeutet das: Finde ich meine Lösung nicht in einem Katalog, kann ich mit einer dedizierten Multi-Cloud-Strategie das Angebot im Katalog sinnvoll und gesteuert erweitern. EfA ist ein formal-strategisches Konstrukt, welches dem Cloud-First-Ansatz bereits sehr nahekommt, aber "analog gedacht" ist. Die Cloud als Werkzeug hätte die Chance diesem Konstrukt ressort- und behördenübergreifend Impulse zu geben und so eine erfolgreiche digitale Transformation des öffentlichen Sektors zu gewährleisten. Wichtig ist auch Freiräume zuzulassen. So brauchen wir zum Beispiel auf einer Plattform as a Service (PaaS) immer die Möglichkeit fehlende Schnittstellen, die beispielsweise ein anderes Bundesland benötigt, ergänzen oder erweitern zu können.
Wie unterstützt msg bei dem Aufbau und Management einer Multi-Cloud?
Shinja Strasser: Die msg erstellt bereits seit vielen Jahren Produkte und Services im Multi-Cloud-Kontext und unterstützt unsere Kunden auf dem Weg in die Cloud und darüber hinaus. Der große Vorteil der msg ist, dass wir branchenorientiert aufgestellt sind und Clouds in anderen Branchen bereits lange Standard sind. Als produktbasiertes IT-Beratungshaus sind wir ein breiter Cloud-Spezialanbieter und können die gesamte Wertschöpfungskette begleiten - von den ersten strategischen Überlegungen bis hin zur Realisierung von Services oder einem Produkt. Als unabhängiger Partner unterstützen wir optimal bei der Auswahl der Cloud-Anbieter, die den Ansprüchen der öffentlichen Verwaltung gerecht werden. Bei der Arbeit mit stark regulierten Vorhaben braucht es jedoch nicht nur technisches Know-how in der Cloud, sondern auch Expertise im Public Sector. Unsere erfahrenen fachlichen und technischen Beraterinnen und Berater setzen sich schon lange mit verschiedenen Themen in Kombination mit Cloud-Architekturen und -Strategien im Kontext von Fachverfahrensmodernisierung, Registermodernisierung, OZG und EfA, App-Entwicklung oder Sicherheit und Souveränität von Anwendungen auseinander.
Interviewpartner
Shinja Strasser ist studierter Wirtschaftsingenieur, Elektrotechniker, Informatiker und Abteilungsleiter. Seit fast 30 Jahren berät er in verschiedenen Branchen u.a. auch im öffentlichen Sektor Kunden zwischen Fachlichkeit und Technik in der Frage der Einführung von neuen Technologien und deren strategischen Möglichkeiten. Als Buchautor und Fachjournalist verfasste er in der Vergangenheit auch zahlreiche Publikationen in diesem Bereich. Mit seinem technologischen Background ist sein Schwerpunkt die Initialisierung und Leitung von innovativen Programmen und Projekten im öffentlichen Sektor.