Was sind Digitalisierungsplattformen und wo werden sie aktuell bereits eingesetzt?
Der Begriff Digitalisierungsplattformen ist ein Überbegriff für unterschiedliche plattformbasierte Digitalisierungshilfen. Diese sind nicht als Produkt zu verstehen, sondern bieten als Plattform eine Summe von Funktionsbereichen an. Somit können Digitalisierungsplattformen den Einsatz von Microservices umfassen und/oder aus mehreren Produkten bestehen. Digitalisierungsplattformen benötigen mindestens die Funktionsbereiche Low-Code-Entwicklung inklusive UI-Design und Prozesssteuerung und -automatisierung, um als solche zu gelten. Darüber hinaus können aber auch weitere Funktionsbereiche wie KI-Elemente, RPA, Chatbots oder Formularmanagement inkludiert sein.
Digitalisierungsplattformen integrieren und steuern Prozesse und Datenflüsse oberhalb der vorhandenen Fachverfahren. Sie bieten eine Summe von Funktionsbereichen und vorgefertigten Bausteinen sowie Schnittstellen an, die bereits vorhandene IT-Lösungen und Anwendungen flexibel integrieren und Verwaltungsverfahren zielgerichtet modular digitalisieren, ohne dass dafür zeitaufwendige Programmiervorgänge notwendig sind.
Aktuell lassen sich vor allem zwei Bereiche identifizieren, in denen Digitalisierungsplattformen eingesetzt werden. Zum einen sind dies E-Government-Dienste, wie zum Beispiel digitale Bürgerportale, die es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, Behördengänge online durchzuführen und digital verschiedene Dienstleistungsangebote wahrzunehmen. Zum anderen kommen Digitalisierungsplattformen als Integrationskomponenten für Fachverfahren zum Einsatz, um Ende zu Ende Prozesse zu digitalisieren.
Ein gutes Beispiel für die Nutzung einer Digitalisierungsplattform ist die Überbrückungshilfe des Freistaats Bayern während der Pandemie. Innerhalb weniger Wochen wurde der notwendige Online-Antragsprozess umgesetzt. Alle Länder haben sich dem nach dem „Einer für Alle“-Prinzip angeschlossen.
Welche Vorteile ergeben sich durch den Einsatz von Digitalisierungsplattformen für die öffentliche Verwaltung, insbesondere im Hinblick auf Effizienzsteigerung, Kostenreduktion und die Verwaltungsdigitalisierung?
Die Möglichkeit zur Integration verschiedenartiger IT-Komponenten und Fachverfahren birgt hohe Effizienzpotentiale hinsichtlich einer medienbruchfreien Ende zu Ende Digitalisierung. Durch die Unterstützung einer einheitlichen User Experience, der darauf bereitgestellten Applikationen, werden Einarbeitungszeiten verkürzt, sowie der Schulungsbedarf bei den nutzenden Personen verringert. Neue Verfahren können schneller spezifiziert und schneller umgesetzt werden. Die bessere Planbarkeit und die kürzeren Bereitstellungszeiten erlauben es der öffentlichen Verwaltung, in kurzer Zeit, z. B. auf veränderte rechtliche Rahmenbedingungen, mit Anpassung von IT-Verfahren zu reagieren. Durch verringerte Entwicklungs- und Pflegeaufwände sinken insbesondere Kosten für die Entwicklung von IT-Verfahren. Angepasste Funktionsbausteine können von anderen Behörden oder von anderen Verfahren auf derselben Digitalisierungsplattform kosteneffizient nachgenutzt werden.
Neben den Schnittstellen zwischen den Anwendungen, wie sie oben beschrieben wurden, bilden die Fachverfahren einen wesentlichen Schlüssel in der Verwaltungsmodernisierung. Allerdings birgt die Nutzung von Altanwendungen viele Risiken. Die Wartung und der Betrieb werden im Laufe der Zeit sehr kostenintensiv, insbesondere dann, wenn permanent neue fachliche und gesetzliche Anforderungen in den Anwendungen umgesetzt werden müssen. Als Beispiel dafür können die Anforderungen des Onlinezugangsgesetzes genannt werden, die einen Großteil der aktuellen Modernisierungsmaßnahmen ausmachen. Fachanwendungen lassen sich auf verschiedenen Wegen erstellen oder modernisieren. Beispielsweise lässt sich eine Altanwendung auf eine Digitalisierungsplattform portieren, die sämtliche Anforderungen eines Fachverfahrens abdeckt und es mit zusätzlichen Funktionalitäten wie mobilen Apps, Auswertungen, KI-Elementen und Automatisierungen modernisiert.
Digitalisierungsplattformen bieten in diesen Funktionalitäten eine wichtige Basis für die Umsetzung der digitalen Verwaltungsleistungen der Zukunft.
Und wie können die Bürgerinnen und Bürger von der Nutzung von Digitalisierungsplattformen profitieren?
Auf unterschiedliche Art und Weise. Der größte Nutzen ist die Zeitersparnis durch die Möglichkeit Verwaltungsdienstleistungen online zu nutzen. Verwaltungsabläufe werden schneller, transparenter und können vollständig digital abgewickelt werden. Bei vollständig automatisierten Verwaltungsdienstleistungen können Bürgerinnen und Bürger ihre Anfragen im Idealfall als Self-Service abwickeln.
Durch die hohe Integration der beteiligten Fachverfahren kann der Status der Bearbeitung für den Bürger transparent gemacht werden und in der Endausbaustufe erhält er das Ergebnis seiner Anfrage in vollständig digitaler Form.
Gerade wenn es um Bürgerinnen und Bürger geht ist Datenschutz in der öffentlichen Verwaltung oft ein kritischer Faktor. Wie sieht das bei den Digitalisierungsplattformen aus? Und wie schätzt ihr die weiteren Herausforderungen ein, vor denen wir aktuell stehen?
In der Tat ist der Datenschutz ein wichtiges und oft diskutiertes Thema. Selbstverständlich gibt es auch für Digitalisierungsplattformen Möglichkeiten, sowohl den Datenschutz, als auch weitere Compliance-Aspekte zu beachten, die aus rechtlichen Vorschriften resultieren. Dazu zählen z.B. Sicherheitsmanagement, diverse Verschlüsselungstechnologien, IAM etc.
Aktuell werden wir sehr häufig gefragt, ob die Prinzipien der DSGVO vollständig berücksichtigt werden und umgesetzt werden können. Das ist, wenn ein entsprechendes Datenschutzkonzept erstellt worden ist, selbstverständlich und begünstigt sogar den Einsatz von Digitalisierungsplattformen aufgrund der hohen Wiederverwendbarkeit von Komponenten.
Herausforderungen im Zusammenhang mit Digitalisierungsplattformen sind z. B., dass sich die Behörde in der Regel an den entsprechenden Produktanbieter der Plattform bindet. Die damit verbundenen Effekte müssen geplant und gemanagt werden. Die Entwicklung von Applikationen / Anpassung der Plattformen wird in der Regel mit agilen Vorgehensmodellen umgesetzt. Darauf sind viele Behörden teilweise noch nicht eingestellt. Alles in allem stellen wir fest, dass Festlegungen, die den Einsatz einer Digitalisierungsplattform behördenweit vorsehen, noch schwer vorankommen. Das ist nachvollziehbar, da es sich um eine weitreichende IT-strategische Entscheidung handelt, die nicht auf der Arbeitsebene allein getroffen werden kann. Wir empfehlen aus diesem Grund eine enge Verankerung und Verstetigung des Themas Digitalisierungsplattform, damit alle Vorteile einer Ende zu Ende Digitalisierung erschlossen werden können.
Welche Expertise bringen unsere msg-Kolleginnen und Kollegen im Zusammenhang mit Digitalisierungsplattformen ein?
Digitale Plattformen erfordern ein hohes Maß an Interoperabilität und transdisziplinärer Fachkompetenzen. Innerhalb der msg- Gruppe existieren zahlreiche z. T. langjährige Erfahrungen in allen Brancheneinheiten. Leistungsschwerpunkte sind in sowohl in den Bereichen der Businessstrategie als auch im Architekturmanagement zu sehen. Implementierungen einzelner Anwendungen und Komponenten auf den Plattformen prägen unsere Kerntätigkeit bei Kunden. Die Durchführung von Machbarkeitsstudien unterstützt außerdem die bessere Planung der Vorhaben und ermöglicht es größere Mehrwerte zu erzielen.
Aus langjähriger und intensiver Beratungstätigkeit besitzen Herr Drengwitz und Herr Dr. Faber umfassende Expertise zu Fragen der Prozessgestaltung. Der zielgerichtete Einsatz von IT-Unterstützung zur Optimierung von Organisationen bildet hierbei einen wesentlichen Beratungsschwerpunkt. Axel Drengwitz ist als Bereichsleiter für das Beratungsangebot der msg in diesem Themenfeld in der Öffentlichen Verwaltung verantwortlich. Dr. Thorsten Faber leitet in diesem Bereich die Abteilung für das Themenfeld Digitalisierungsplattformen.
Aus langjähriger und intensiver Beratungstätigkeit besitzen Herr Drengwitz und Herr Dr. Faber umfas-sende Expertise zu Fragen der Prozessgestaltung. Der zielgerichtete Einsatz von IT-Unterstützung zur Optimierung von Organisationen bildet hierbei einen wesentlichen Beratungsschwerpunkt. Axel Dreng-witz ist als Bereichsleiter für das Beratungsangebot der msg in diesem Themenfeld in der Öffentlichen Verwaltung verantwortlich. Dr. Thorsten Faber leitet in diesem Bereich die Abteilung für das Themen-feld Digitalisierungsplattformen.