16.07.2020
Hans Zehetmaier hat die Geschichte der IT nicht nur miterlebt, er hat sie aktiv mitgeschrieben. Ende Januar 1980 hob er zusammen mit Herbert Enzbrenner und Pius Pflügler in München die msg software GmbH aus der Taufe. In den folgenden Jahrzehnten schafft die msg den Sprung in die Top 10 der größten IT-Beratungs- und Systemintegrationsunternehmen in Deutschland – und überspringt eine magische Umsatzmarke: eine Milliarde Euro, erwirtschaftet von inzwischen über 8.000 Mitarbeitenden in 27 Ländern. Im Interview lässt der Firmengründer, heute Vorsitzender im msg-Aufsichtsrat, die vergangenen 40 Jahre noch einmal Revue passieren.
Herr Zehetmaier, von drei auf über 8.000 Mitarbeitende, von München hinaus in die Welt: Was haben Sie und Ihre Kollegen in den letzten 40 Jahren richtig gemacht?
Wir waren immer mit maximaler Leidenschaft bei der Sache. Digitalisierung hat uns damals fasziniert, und das tut sie auch heute noch. Und wir wussten immer, dass man sich verändern und mithalten muss, wenn man seinen Platz in der Geschäftswelt haben möchte. Natürlich war auch das gewisse Quäntchen Glück dabei, das man immer braucht. Wir machten seinerzeit ja alle drei ein Praktikum bei IBM. Womöglich wären wir auch dortgeblieben, nur gab es einen Einstellungsstopp. Unser damaliger Praktikantenbetreuer hat uns dann ermutigt, uns selbstständig zu machen und erste Aufträge aus dem Versicherungs- und Automobilumfeld verschafft. Das war die Basis der msg, die wir dann gründeten. Den Notarttermin werde ich niemals vergessen.
Was passierte denn da?
Eigentlich sollte unsere Firma Münchner Software Gesellschaft heißen, das hatten wir uns so ausgedacht. Allerdings hat uns da der Notar einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er hat uns gebeten, einen anderen Namen zu finden, da Münchner Software Gesellschaft vom Handelsregister abgelehnt werde. Da wir dringend wieder zu einem Kundentermin mussten, haben wir uns kurzerhand entschieden, einfach die ersten Buchstaben unseres ursprünglichen Wunschnamens zu nehmen. So kam es zu dem Namen msg.
Seit den ersten Tagen der msg haben sich die Herausforderungen für Gründer fundamental verändert. Vor welchen Schwierigkeiten stehen Jungunternehmer heute, die es früher so nicht gab?
Die heutige Veränderungsgeschwindigkeit ist enorm, sie ist so hoch wie nie. Stichwörter wie KI, IoT, Cloud machen sehr deutlich, wie viel Bewegung in der Materie ist. Man muss unglaublich schnell sein, um da mithalten zu können. Und der Konkurrenzkampf ist ungleich härter. Wir starteten in einer Zeit, die von Aufbruchstimmung und auch einem gewissen Wettbewerb geprägt war. Allerdings waren damals in vielen Unternehmen noch Lochkarten im Einsatz und die Abhängigkeit von den wenigen Computerherstellern war sehr hoch. Der Bedarf an IT-Lösungen war also gigantisch, in diese Kerbe konnten wir schlagen und waren – wenn man so will – mit unseren Kompetenzen zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Haben Sie einen Ratschlag für junge Gründer?
Wer ernsthaft glaubt, mit statischem Geschäft Erfolg zu haben, wird sich täuschen. Das gilt natürlich für etablierte Unternehmen gleichermaßen.
Wie besteht man im IT-Umfeld? Was ist der Schlüssel zum Erfolg?
Das ist wie so oft im Leben eine Mischung aus verschiedenen Faktoren. Ganz wichtig ist aus meiner Sicht eine Spezialisierung. Wer Branchen und Märkte besonders gut versteht, hat einen klaren Wettbewerbsvorteil. Wir haben uns von Beginn an intensiv auf die Insurance-Branche konzentriert und verstehen uns auch heute noch als Branchenspezialist für inzwischen zehn verschiedene Branchen.
Die Assekuranz ist jedoch nach wie vor eines der wichtigsten Felder für uns. Auch mit unserer Kunden- und Partnerveranstaltung inscom (insurance conference munich) stärken wir die Stellung der msg in der Versicherungswirtschaft. Was mich zum nächsten Punkt bringt: Partnerschaft. Wir leben nun mal in einer Zeit der Kollaboration, neue Geschäftsmodelle lassen sich kaum im Alleingang bewältigen. Insofern kann man solide, vertrauensvolle Partnerschaften gar nicht hoch genug schätzen. Unser Anspruch war und ist es, auf ausgewählte Partnerschaften zu setzen, die nachhaltig sind.
Welche Kooperation sticht da besonders hervor?
SAP ist so ein Paradebeispiel für gelebte, verlässliche Partnerschaft. Wir sind seit 1998 eng miteinander verbunden. Und SAP ist für uns sprichwörtlich das Tor zur Welt. In diesen über 20 Jahren haben wir unsere Beziehungen immer weiter intensiviert. Wir unterstützen Kunden bei der Auswahl und Implementierung von Systemen aus dem SAP-Portfolio. Daneben entwickeln wir innovative Lösungen auf SAP-Basis. Für unsere Branchenspezialisierung haben wir erst im vergangenen Jahr den SAP Pinnacle Award erhalten.
Welche Rolle spielt die Firmenkultur, wenn man über die Zeit sozusagen auf die Größe einer Kleinstadt anwächst?
Als ganz junges Unternehmen Anfang der 80er-Jahre wurden wir von einem ganz bestimmten Spirit getragen. Wir wollten von der ersten Sekunde an vor allem zuverlässig und verbindlich sein. Früh haben wir uns auf die Fahnen geschrieben, dass ein respektvoller und kollegialer Umgang auch in Zeiten größter Anspannung essenziell für unseren gemeinsamen Erfolg ist. Das sind nicht nur Phrasen, es sind die Tragpfeiler unserer Kultur. Und wir wissen sehr genau, dass uns das zu dem gemacht hat, was wir heute sind. Entsprechend darf dieser Spirit niemals verloren gehen, das ist und bleibt eines unserer Schlüsselziele bei allem was wir tun.
Was wünschen Sie sich zum 40-jährigen Jubiläum?
Ich wünsche mir, dass die ganze Unternehmensgruppe weiterhin diese Kultur atmet und daraus Motivation und Inspiration zieht. Auch wenn es vielleicht übertrieben pathetisch klingt: Dieser Spirit ist die einzige Konstante in einer sich stetig und immer rasanter verändernden Welt.