Zuerst erschienen in der Ausgabe .public 04-2019
von Ludwig Scherr
Nachdem in drei Beiträgen zu behördlichen Clouds1 die grundsätzliche Struktur einer Behörden-Cloud, die Bestellmöglichkeit von IT-Services über ein Cloud-Portal sowie die Mechanismen der Service-Bereitstellung innerhalb einer Cloud-Management-Plattform behandelt wurden, wird in diesem Beitrag das Portfolio-Management für Cloud-IT-Services auf Infrastruktur- und Plattform-Ebene in Abgrenzung zu IT-Services auf Anwendungsebene (IT-Verfahren) beschrieben.
Portfolio-Management in ITIL
Das Portfolio-Management für IT-Services soll für die marktgerechte Planung, Bereitstellung und Stilllegung von IT-Services auf Basis von strategischen Vorgaben und Anforderungen aus dem Markt sorgen. Somit hat es den gesamten Lebenszyklus eines IT-Services im Blick und betrachtet die drei Service-Kategorien Service-Pipeline, Service-Katalog und stillgelegte IT-Services.
Die Service-Pipeline beinhaltet beantragte oder in Entwicklung befindliche IT-Services, der Service-Katalog umfasst bestellbare oder für das Deployment bereitstehende IT-Services. Eine weitere Betrachtungskategorie sind stillgelegte IT-Services (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Die drei Service-Kategorien des Service-Portfolio-Managements
Abbildung 2: Zusammenarbeitsmodell von Behörde, Software-Provider undbehördlichem IT-Service-Provider
Übertragung des Portfolio-Managements auf eine behördliche Cloud-Organisation
Die Prozesse des Service-Portfolio-Managements für IT-Services sorgen dafür, dass nur „die richtigen IT-Services“ Eingang in das Service-Portfolio finden. Was aber sind „die richtigen ITServices“ in einer behördlichen Cloud?
Aus dem Zusammenarbeitsmodell von Behörde, Software-Provider und behördlichem IT-Service-Provider lässt sich das Portfolio- Management eines behördlichen IT-Service-Providers ableiten (siehe .public 01/2019).
Abbildung 3: Portfolio-Management in der IT-Governance und beim IT-Service-Provider
Eine Behörde kennt ihre Geschäftsprozesse und Fachlichkeit, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben und zur Erbringung ihrer Verwaltungsdienstleistungen für Unternehmen und Bürger benötigt. Dies betrifft sowohl die gegenwärtige Aufgabenlandschaft als auch zukünftige Veränderungen, die durch Gesetze oder Innovationen motiviert sind. Die bei den Behörden angesiedelte IT-Governance steuert diese Landschaft im Sinne eines Service- Portfolio-Managements für IT-Verfahren auf SaaS-Ebene aus. Der ebenfalls in der IT-Governance angesiedelte IT-Architekt definiert die Referenz-Systemarchitekturen, die den einzelnen IT-Verfahrenstypen zugeordnet werden, und somit auch die erforderlichen IT-Services in den Ebenen Plattform und Infrastruktur.
Genau hier setzt das Portfolio-Management für Infrastrukturund Plattform-Services des behördlichen IT-Service-Providers an. Auf Basis der Anforderungen an Infrastrukturen und Plattformen aus der IT-Architektur werden die erforderlichen IaaS und PaaS in das Portfolio-Management des IT-Service-Providers aufgenommen und gemanagt. Es werden entsprechende Projekte zur Entwicklung und Bereitstellung der Infrastruktur- und Plattform-Services gestartet, die dann – oftmals mit Unterstützung des Software-Providers – im Rahmen eines Vorgehensmodells für IT-Service-Entwicklungen bereitgestellt werden.
Software-Provider erstellen die IT-Verfahren im Rahmen ihrer Softwareentwicklung. Hierfür verwenden sie verfügbare Standard- IT-Services auf Plattform- oder Infrastrukturebene oder entwickeln in Zusammenarbeit mit dem behördlichen IT-Service- Provider neue Services auf IaaS- oder PaaS-Ebene.
Im Unterschied zu kommerziellen Cloud-Betreibern erhält der behördliche IT-Service-Provider die Anforderungen – präziser: die Vorgaben – bezüglich neuer oder geänderter Infrastrukturund Plattform-Services direkt von der IT-Governance der Behörde und muss keine eigenständige IT-Service-Strategie mit einem sich daraus entwickelnden IT-Service-Portfolio auf Basis von kommerziellen Marktanforderungen entwickeln.
In der Portfolio-Betrachtung ist die unterschiedliche Zuordnung des Portfolio-Managements für Fachverfahren auf der einen Seite und für Infrastruktur- und Plattform-Services auf der anderen Seite und die damit verbundenen unterschiedlichen Zuständigkeiten relevant.
So steuert die IT-Governance der Behörde die für die Kernprozesse relevanten Fachverfahren direkt aus. Das Service-Portfolio Management für die notwendigen unterstützenden Services auf Infrastruktur- und Plattform-Ebene überträgt die IT-Governance dagegen dem IT-Service-Provider. Sie macht dabei über die IT-Architektur Vorgaben und überwacht die Realisierung.
Quellenangaben:
1 Siehe .public Ausgaben 01-2019, 02-2019 und 03-2019.