Zuerst erschienen in der Ausgabe .public 01-2019
Werner Achtert, Geschäftsleitung Public Sector, und Manuela Scholten, Business Consultant im Public Sector, waren im Oktober 2018 beim ITZBund in Frankfurt a. M. Dort sprachen sie mit Dr. Birgit Brigl, Leiterin der Abteilung V, ITZBund, und Avedis Gülükoglu, Projektleiter der Windows-10-Migration, ITZBund, sowie (telefonisch zugeschaltet) mit Martin Lozic, Projektleiter der Windows-10-Migration beim Zoll, über den Stand der Konsolidierung und der Migration auf Windows 10.
msg: Frau Dr. Brigl, Sie leiten die Abteilung V beim ITZBund. Stellen Sie uns Ihre Abteilung doch bitte kurz vor.
Brigl: Ja, gerne. Die Abteilung V nennt sich „Dezentrale Betriebsservices“.Unser Hauptgeschäft besteht darin, für unsere BestandskundenIT-Arbeitsplätze bereitzustellen und zu betreuen. Dazu gehören historisch auch noch die konventionellen Telefonanlagen, aber auch mobile Endgeräte. Unsere Kunden fragen immer mehr nach Smartphones und Tablets. Diese sollen funktional sein, anwenderfreundlich und sicher – was manchmal eine Herausforderung ist. Außerdem bieten wir unseren Kunden den zentralenService-Desk an und betreiben intern, im ITZB und selbst,auch betriebliche Werkzeuge. Also die ITSM-Tools, um Prozesse automatisiert oder digitalisiert abwickeln zu können. Das ist so grob das Spektrum, das wir unseren Bestandskunden anbieten.
msg: Herr Gülükoglu, geben Sie uns bitte auch einen Kurzaufriss über Ihr Referat beziehungsweise Ihren Arbeitsbereich.
Gülükoglu: Ja, gerne. Unser Referat betreibt den Verzeichnisdienst für die Kunden, stellt die Infrastruktur für virtuelle Arbeitsplätze zur Verfügung und übernimmt die Desktop-Virtualisierung. Und zwar in zwei verschiedenen Techniken: einmal die Hosted Shared Desktops, das heißt, wenn auf einem Server mehrere Leute arbeiten und sich die Ressourcen teilen. Und zum anderen die sogenannte Virtual Desktop Infrastructure, wo jeder einzelne Anwender seinen eigenen Windows 7 oder sein Kleinbetriebssystem zur Verfügung hat. In diesem Arbeitsbereich, als oder Desktop-Virtualisierung, bin ich tätig.
msg: Wie viele Bestandskunden betreuen Sie, Frau Brigl, mitIhrer Abteilung aktuell?
Brigl: Das ITZBund erbringt aktuell Leistungen insbesondere für die Bestandskunden aus den Ressorts BMF, BMI und BMV mit aktuell rund 15.000 Servern und rund 88.500 Endgeräten. Perspektivisch werden diese Zahlen weiter wachsen!
msg: Wie ist Ihre Einschätzung: Haben sich die Anforderungen Ihrer Kunden im Laufe der Zeit verändert?
Brigl: Vor der Gründung des ITZBund waren die einzelnen Dienstleister noch viel näher an den Kunden dran. Da gab es häufig direkte und persönliche Drähte. Und wenn mal etwas nicht so funktionierte, wie es sollte, wurde das häufig auf dem kleinen Dienstweg aus der Welt geschafft. Ein markanter Unterschied ist auch, dass die Kunden früher die direkte Weisungsbefugnis beispielsweise für die IT-Dienstleister hatten. Das geht heute natürlich nicht mehr. Heute ist der Anspruch, dass alles viel professioneller und transparenter ablaufen muss. Ein Ziel der IT-Konsolidierung ist ja auch, durch eine stärkere Standardisierung zu einer höheren Leistungsgüte zu kommen. Neben diesen organisatorischen Veränderungen sind aber auch die Anforderungen an die Verfügbarkeit, IT-Sicherheit im Allgemeinen, Barrierefreiheit und Funktionalität insgesamt deutlich gestiegen.
msg: Hat sich an der Art der Anforderungen, mit denen die Kunden auf Sie zukommen, etwas geändert?
Brigl: Bei den Anforderungen an sich hat sich nichts geändert, nein. Unsere Kunden erwarten, dass sie ihre Arbeit tun können und wir sie dabei IT-technisch gut unterstützen. Sie erwarten außerdem, dass ihnen, wenn beispielsweise ein neues Gesetz beschlossen wird, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens das Fachverfahren zur Verfügung steht. Das sorgt immer für sehr viel Zeitdruck – auf beiden Seiten. Denn auch der Kunde, also die Behörde, ist ja unter Zeitdruck. Sie sind die ausführende Instanz und müssen in der Lage sein, die Gesetze auch umzusetzen.
msg: Haben Sie eine eigene Skala, nach der Ihre Kunden den Stand ihrer Zufriedenheit bewerten?
Brigl: Wir nehmen das Feedback der Kunden sehr ernst und sind auf unterschiedlichsten Wegen in der Kommunikation mit unseren Kunden. Dabei sind wir natürlich bestrebt, unsere Leistung gemeinsam mit dem Kunden ständig zu verbessern.
msg: Im Moment ist ja viel Bewegung im Thema IT-Konsolidierung. Wenn Sie zurückschauen: Welche Situation haben Sie 2016 bei der Gründung des ITZBund vorgefunden?
Brigl: Da bereits vor der Gründung des ITZB und ressortintern mit vielen Konsolidierungsmaßnahmen begonnen wurde – das DLZ-IT beispielsweise ist ja das Ergebnis einer Konsolidierungsmaßnahme – gab es damals schon teilkonsolidierte Behörden in den einzelnen Ressorts. Die besondere Herausforderung bei der Gründung des ITZBund war dann die Konsolidierung über Ressortgrenzen hinweg.
msg: Wäre der Übergang einfacher gewesen, wenn man vorherschon mehr konsolidiert hätte?
Brigl: Der Zusammenschluss am 1. Januar 2016 war ja zunächst einmal eine organisatorische Konsolidierung der Dienstleister. Die technische oder auch prozessuale Konsolidierung erfolgte erst im Nachgang. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn wir schon ressortintern vollständig konsolidierte Behörden vorgefunden hätten. Das würde uns heute zum Beispiel die Windows-10-Migration erheblich erleichtern. Dennoch hätte auch dann die Herausforderung bestanden, über Ressortgrenzen hinweg Infrastrukturen und Prozesse zu konsolidieren.
msg: Welche Ziele wurden mittlerweile schon erreicht, und welche Vision gibt es für die Zukunft?
Brigl: Da müssen wir nach Dienste-, Betriebs- und Beschaffungskonsolidieungunterscheiden. In der Betriebskonsolidierung haben wir bereits standardisierte Plattformen definiert und aufgebaut, die wir auch schon anbieten können. In diese Plattform hinein werden alle zukünftigen Kunden und die Rechenzentren der Kunden auch konsolidiert. Mit dem Bundes-Client stehen wir sozusagen auch schon in den Startlöchern. Das wird für unsere Bestandskunden natürlich die größte Konsolidierungsmaßnahme.
msg: Der Bundes-Client ist eines der wichtigen Produkte des ITZBund. Daneben gibt es auch noch den Basis-Client und Behörden-Client. Können Sie diese Begriffe für unsere Leser bitte differenzieren?
Brigl: Ich fange mal mit der kleineren Variante an. Der Basis-Client ist im Prinzip nur ein standardisiertes Betriebssystemimage mit festgelegten, integrierten Systemen und Basissoftware. Er ist die Grundlage für den Bundes-Client. Der Bundes-Client ist wesentlich größer. Das ist ein Service, ein Rundum-Wohlfühl-Paket.
msg: Und dann gibt es noch den Behörden-Client …
Brigl: Genau. Der Behörden-Client. Das ist kein Produkt, sondern eine Unterstützung für die Behörden, die noch nicht beieinem der Dienstleister konsolidiert sind, wenn die Wartung für Windows 7 ausläuft. Sie müssen selbstständig nach Windows 10 migrieren und bekommen dazu von uns eine Hilfe an die Hand. Also Migrations- und Kompatibilitätsleitfäden und Ähnliches, mit denen sie ihre Migration leichter durchführen können. Diese Hilfe läuft unter dem Begriff „Behörden-Client“. Das heißt, wir als Dienstleister liefern hier keine operative Unterstützung im Rahmen der Migration. Aber wir liefern die Konzepte, die wir schon haben, und auch die Erfahrung, die wir in unseren Migrationsprojekten haben, und auch die Erfahrung, die wir in unseren Migrationsprojekten gewinnen, um unsere Kunden oder zukünftigen Kunden zu unterstützen.
msg: Das heißt, der Bundes-Client ist ein ganzes Servicepaket.Der Behörden-Client ist mehr eine Hilfestellung.
Brigl: Genau.
msg: Eine Voraussetzung für die Einführung des Bundes-Clients ist die Windows-10-Migration.
Brigl: Richtig. Wenn also ein Betriebssystem auf einem Clientgetauscht werden soll, muss man sich als Erstes die Anwendungen und Fachverfahren anschauen und testen, ob die auch auf einem Windows-10-Client laufen. Wenn das nicht funktioniert, kann das, besonders bei den wichtigen Fachverfahren, durchaus ein Showstopper sein.
msg: Wie ist der aktuelle Stand bei der Migration auf Windows 10?
Brigl: Wir eilen auf den ersten Massen-Rollout zu. Aber noch sind wir nicht ganz so weit. Eher in einer späten Vorbereitungsphase für den Rollout. Das heißt, in den letzten Monaten haben wir projektübergreifend Migrations- und Rollout-Tools entwickelt, die später in der Migrationsphase den Automatisierungsgrad deutlich erhöhen werden. Außerdem haben wir eine Vorgehensweise entwickelt, die für jedes Projekt gleich ist und Meilensteine enthält, die jedes Projekt durchlaufen muss. Die einzelnen Projekte sind schwerpunktmäßig damit beschäftigt, ihre Fachverfahren und Anwendungen zu testen und dort, wo es notwendig ist, in die Paketierung zu bringen. Außerdem haben die einzelnen Projekte auch den Auftrag, Migrations- und Rolloutkonzepte zu entwickeln. Da sind wir mittlerweile schon sehr weit fortgeschritten. Sie sind die Voraussetzungen dafür, dass wir dann tatsächlich in den Rollout gehen.
Gülükoglu: Wir haben den Zug sozusagen schon auf die Schienen gestellt, jetzt warten wir noch darauf, dass die Weichen gestellt werden. So, dass er nicht nur links, sondern auch rechtsherum fahren kann.
Brigl: Also, die ersten Clients sind schon testweise in der Umgebung. Natürlich gibt es noch einzelne Schwierigkeiten, die man überwinden muss. Oder überhaupt erst einmal feststellen: Was funktioniert schon, und wo klemmt es noch? Manchmal ist es nur eine Firewall-Freischaltung. Manchmal gibt es noch ein Problem bei der Betankung der Clients in der Umgebung. Genau dafür gibt es ja diese Vorpilot- oder Testphase.
msg: Wer wird denn Ihr erster Kunde, der migriert?
Brigl: Das ist der Zoll. Die Kollegen haben eine sehr professionelle Testorganisation aufgebaut und testen gerade ihre Fachverfahren und Anwendungen selbst. Das Zusammenspiel ist wirklich sehr gut. Natürlich kann es immer einzelne Risiken geben, die man heute noch nicht erkennen kann. Aber derzeit habe ich ein gutes Gefühl.
msg: Herr Lozic, Sie sind Projektleiter des Zoll-Projekts im Rahmen des Windows-10-Programms. Können Sie uns bitte kurz den Stand der Dinge schildern?
Lozic (telefonisch): Gerne. Unsere Zusammenarbeit sieht vor, dass die operative Umstellung der Rechner und der Anwenderinnen und Anwender der Zollverwaltung – insgesamt sprechen wir von knapp 50.000 Rechnern – durch das lokale IT-Betriebspersonal der Zollverwaltung stattfinden wird. Das heißt, das ITZBund bereitet für uns das Backend vor, stellt die Werkzeuge zur Verfügung, sorgt dafür, dass bestimmte Automatismen, die im Rahmen der Einführung des Bundes-Clients eingepflegt werden müssen, vorhanden sind. Und wir setzen darauf auf und vollziehen die Umstellung auf den Bundes-Client. Inklusive der Komponenten Windows 10 und Office 2016. Meine Aufgabe als Projektleiter ist es, diese Vorgehensweise innerhalb unserer Sphäre zu organisieren, zu managen. Die Beschäftigten so zu ertüchtigen, dass sie mit diesen Werkzeugen, von denen ich gerade sprach, auch vernünftig umgehen können. Und vor allem natürlich dafür Sorge zu tragen, dass wir als Kunden des ITZBund die rahmenvertraglichen vereinbarten Zulieferungen auch zu denentsprechenden Zeiten bekommen. Denn spätestens bis zum 14. Januar 2020, wenn der Support für Windows 7 endet, müssen wir damit fertig sein.
msg: Schließt das ITZBund mit allen Kunden die gleichen vertraglichen Vereinbarungen?
Lozic: Wir haben einen Vertrag geschlossen, der, wie ich glaube, inhaltlich zwar mit denen anderer Kunden übereinstimmt, aber auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten ist. Weil wir ja durchaus anders sind als andere Behörden der Bundesfinanzverwaltung. Daher sind in unserem Vertrag entsprechende Vereinbarungen enthalten, zum Beispiel wie die Umstellung inhaltlich und technisch ablaufen soll. Welche Werkzeuge wir benötigen, zu welchen Terminen bestimmte Dinge bereitstehen müssen. Im Rahmen dieses Vertrages gibt es seitens des ITZBund und des Zolls ein Projekt, das dafür sorgt, dass genau das erreicht wird.
Brigl: Ja, wir haben mit jedem Kunden einen eigenen Vertrag abgeschlossen, in dem dann auch beschrieben ist, welche spezifischen Leistungen wir als IT-Dienstleister erbringen, welche Leistungen der Kunde erbringt. Das ist von Kunde zu Kunde immer ein bisschen unterschiedlich. Insbesondere beim Zoll ist es tatsächlich so, dass die Umstellung der Clients vom Kunden selbst durchgeführt wird. Bei anderen Kunden machen wir das. Das hängt immer von der Konstellation ab. Und deshalb sind da auch geringfügige Unterschiede in den Aufträgen vorgesehen.
Lozic: Exakt! So ist es. Wir reden bei der Zollverwaltung von einer Flächenverwaltung, die bundesweit auch an kleinsten Standorten mit kleinen Dienststellen vertreten ist. Insgesamt haben wir knapp 40.000 Beschäftigte und 50.000 Clients. Wir haben so viele Spezifika, dass unser Vor-Ort-Betreuungsbedarf nicht nur deutlich stärker ist, sondern auch durch unsere eigenen Kräfte deutlich effizienter erfüllt werden kann.
DAS ITZBUND …
Quelle: https://www.itzbund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Imageflyer.html |
msg: Wie funktionieren die Kommunikation und die Zusammenarbeit des Zolls mit dem ITZBund?
Lozic: Wir verstehen uns sehr gut. Es gibt bei uns Leute mit Know-how, genauso wie im ITZBund. Liegt ja auch daran, dass wir eine gemeinsame Historie haben. Es gibt sowohl auf Kunden- als auch auf Dienstleisterseite viele langjährige Mitarbeiter, die sich schon lange kennen. Insofern sprechen wir eine gemeinsame Sprache. Und ich sehe auch keine Missverständnisse, was die Anforderungen oder Bedürfnisse angeht. Wir sind, was die Zusammenarbeit anbetrifft, mit den Leistungen aus dem Betrieb wirklich sehr zufrieden. Vor zwei Jahren haben wir das auch noch mal vernünftig vertraglich definiert und einige Punkte am Client klargestellt. Ich kann also ausdrücklich sagen, dass wir gerade mit der Abteilung von Frau Dr. Brigl, also dem Betrieb, sehr zufrieden sind. Und wir möchten, was den IT-Betrieb anbelangt, auch künftig mit dem ITZBund zusammenarbeiten.
msg: Vielen Dank für diese Einblicke, Herr Lozic.
Lozic: Gerne.
Brigl: Hier möchte ich gern noch etwas ergänzen. Ich glaube, der Abschluss des Servicescheins war ein wesentlicher Meilenstein in der Zusammenarbeit zwischen dem Zoll und dem ITZBund. Denn wir haben hier Leistungen vereinbart und schriftlich festgehalten, die wir im Zweifelsfall jederzeit nachlesen könnten. So haben wir die Leistungen transparent gemacht. Gleichzeitig haben wir gute Kommunikationskanäle geöffnet, die zu einer regelmäßigen Abstimmung zwischen Zoll und ITZBund geführt haben.Das ist sowieso das Erfolgsrezept: im regelmäßigen Austauschzu bleiben, Probleme zeitnah anzusprechen und zu fixen. Sichregelmäßig in Jour fixes zu treffen und zu schauen, dass man Probleme gemeinsam behebt. Das hat, finde ich, unsere schon gute Zusammenarbeit noch mal deutlich verbessert und auch professionalisiert. Mir gefällt das sehr gut und ist für mich auch das Modell für die weiteren Kunden.
msg: Als ein großer Vorteil des Bundes-Clients wird die verbesserte IT-Sicherheit durch standardisierte Prozesse und Anwendungen genannt. Tatsächlich erscheint das ja auch als Vorteil. Aber besteht bei einem Standardsystem, das alle nutzen, nicht das Risiko, dass bei einem Ausfall auch alle Behörden betroffen wären? Wie hoch schätzen Sie ein solches Risiko ein und welche Maßnahmen können Sie da ergreifen?
Brigl: Wir bauen die Systeme hochsicher auf, im zweiten Schritt auch georedundant. Das heißt, wenn wir eine Bundes-Client-Umgebung haben, beispielsweise für die Bundesfinanzverwaltung, dann steht die sowohl in unseren Masterrechenzentren in den Regionen Berlin und Frankfurt. Und es gibt Auswahlmechanismen, sodass die Anwender im Idealfall von einem Ausfall gar nichts merken sollten. Außerdem – und das war eine Vorgabe des BSI – dürfen wir pro Umgebung nicht mehr als 60.000 Anwender betreuen. Selbst bei einem Ausfall wären dann nicht alle unsere Kunden im selben Moment betroffen. Aber selbst wenn das Ausfallrisiko sehr gering ist, möchte ich diesen Worst Case nicht miterleben müssen. Daher haben wir eine eigene Umgebung aufgebaut, um hochkonsolidierte Konten zu verwalten. Alle Administrationsaufgaben werden auf der Tier-0-Ebene ausschließlich von gehärteten Systemen ausausgeführt. Es wurde eine deutliche rote Linie eingezogen, was man von einem normalen Standardarbeitsplatz als Administrator tun darf und was nicht. Und wir arbeiten daran, dass unsere Systeme möglichst wenig angreifbar sind. Von dem Angriff auf den Bundestag wissen wir ja noch, wie verletzlich ein relativ offenes System sein kann. Daher ist der Ruf nach mehr Sicherheit im System in jedem Fall berechtigt.
msg: Im Zusammenhang mit Windows 10 wird besonders die Übergabe von Telemetriedaten an Microsoft kritisch gesehen. Wie schätzen Sie das Risiko ein?
Brigl: Also zunächst möchte ich hier einmal zwischen relevanten Daten in einer Anwendung und Telemetriedaten von Windows 10 unterscheiden. Die Daten aus den Anwendungen bleiben zu 100 Prozent in der Hoheit des Bundes und fließen nicht ab! Das ist ein Kernziel der Konsolidierung. Bezüglich derTelemetriedaten stehen wir in engem Austausch mit dem BSI und Microsoft. Der „Abfluss“ von Telemetriedaten wird nur in Abstimmung mit dem BSI erfolgen und wenn, dann sehr bewusst und kontrolliert erfolgen.
Gülükoglu: Das denke ich auch. Microsoft ist für den Bundes-Client unser Technologiepartner, und wir benötigen von daher auch entsprechenden Support.
Brigl: Unsere Technologiepartner leisten in Fehlerfällen immer wieder Support. Dazu sind sie auch vertraglich verpflichtet. Aber klar, die Hersteller dürfen keinen Zugriff auf Daten der Bundesverwaltung bekommen. Für die zum Support notwendigen Zugriffe der Technologiepartner gelten klare Regeln. Diese ändern sich weder durch die Konsolidierung noch durch den Bundes-Client. Die Devise muss sein: so wenig wie möglich und so viel wie nötig, um die Systeme up to date zu halten. Eine totale Abschottung gegen die Hersteller wird es nicht geben. Sonst wäre die Konsequenz, dass wir das Produkt physisch kaufen und durch die Tür tragen müssten. Aber selbst wenn man Open-Source-Software einsetzt, brauchen die Systeme irgendwann mal Updates ... Mit irgendjemandem extern muss man immer kommunizieren.
Gülükoglu: Im Grunde geht es bei dem ganzen Thema um die Bewertung und Einschätzung von Risiken und die Schutzwürdigkeit von Daten. Dementsprechend müssen die IT-Systeme ausgelegt werden.
Brigl: Genau. Wir brauchen ein vernünftiges Sicherheitsmanagement. Das heißt, wir müssen klären, welche Telemetriedaten zwingend abfließen müssen, um den Support gewährleisten zu können. Welchen Abfluss wir akzeptieren können, wo wir das Risiko tragen und wo nicht mehr. Sicherheitsmanagement bedeutet nicht, alle Schotten dicht zu machen. Das funktioniert nicht. Ich glaube, das steht auch in keinem Widerspruch zur Aussage des BSI. Die Kollegen sind immer gute Partner und Berater. Und wenn bei uns Schwachstellen aufgedeckt werden, ist das ja nur gut für uns. Wir müssen danneben schauen, dass wir sie schließen.
msg: Sind schon Behörden auf Sie zugekommen, die im Bundes-Client Sonderanforderungen umgesetzt haben wollten? Und ist das überhaupt möglich, ohne Sicherheitsstandards zu verletzen?
Brigl: Also zunächst ist der Bundes-Client mal ein Standard-IT-Arbeitsplatz. Von dem aus Sie E-Mails versenden und im Internet surfen, Dienstreisen buchen und Ihr Zeitmanagement vornehmen können. Er muss alles bieten, was ein Standardarbeitsplatz eben bieten muss. Daneben gibt es aber auch Aufgaben in Behörden – und davon sind wir selbst betroffen –,die sich über einen solchen Standard nicht so ohne Weiteres abbilden lassen. Der Klassiker ist die Softwareentwicklung, die Adminrechte auf einem großen Teil der IT-Arbeitsplätze braucht. Hier müssen wir dann überlegen, wie viel Ausnahmen wirklich nötig sind.
msg: Entwickler wollen ja immer Zugang zu allem ...
Brigl: Ja, sie brauchen erst mal alles. Wir prüfen die Anforderungen der Kunden im Kontext ihrer Aufgaben und entwickeln dann gemeinsam gangbare Lösungen - nicht zuletzt unter Gesichtspunkten der IT-Sicherheit. Der Einsatz virtueller Entwicklerarbeitsplätze bietet dazu beispielsweise sehr gute Möglichkeiten.
msg: Das heißt, es wird dort Ausnahmen geben, wo Speziallösungen benötigt werden?
Brigl: Genau. Wir müssen eben immer überlegen, an welchen Stellen die IT-Sicherheit besonders wichtig ist und an welchen Stellen es besonders wichtig ist, zum Beispiel nach draußen kommunizieren zu können. Nehmen wir einmal Forschungseinrichtungen: Die tauschen täglich Daten mit anderen Forschungseinrichtungen auf der ganzen Welt aus. Das können wir nicht unterbinden, indem wir sagen: Datenaustausch geht nicht mehr, denn wir haben jetzt einen Bundes-Client, bei dem die Sicherheit hoch eingestellt ist.
msg: Zum Schluss noch eine Frage zum Thema Personal. GeeignetesIT-Personal zu finden, ist gerade sehr schwierig. Auch für das ITZBund?
Brigl: Es war schon immer schwer, geeignetes IT-Personal zu finden, und heute ist es aufgrund der Arbeitsmarktsituation und des Fachkräftemangels noch schwerer. Das geht ja allen öffentlichen Dienstleistern, allen Behörden so. Und auch private Unternehmen tun sich da im Moment schwer. Deshalb ist für uns Automatisierung ein probates Mittel, um dem ein bisschen entgegenzusteuern. Das heißt: bei den Aufgaben, die wirklich automatisierbar sind, also bestimmte Standards erfüllen.
msg: Beim Stichwort Automatisierung denkt man schnell an den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI). Sehen Sie in Ihrem Bereich Potenzial für KI?
Brigl: Potenzial für KI – das ist ein schwieriges Thema … zumindest im Client-Bereich. Ein Thema, an das wir uns gerade herantasten, ist der Einsatz von Chatbot-Lösungen, beispielsweise für den Service-Desk. Denn je mehr Arbeitsplätze, je mehr Anwender wir betreuen, umso mehr Anfragen werden bei unserem Service-Desk eingehen. Das werden wir schon rein personell garnicht stemmen können. Das wäre also ein klassisches Beispiel für den Einsatz von KI. Aber noch stehen wir damit ganz am Anfang, und wir haben bei uns im Haus noch keine Lösungen. Aber es ist mit Sicherheit auch eines der innovativen Themen, mit denen wir uns beschäftigen werden.
msg: Sind Sie auch in der Ausbildung aktiv, um gezielt neues Personal aufzubauen?
Brigl: Ja. Wir haben als ITZBund einen eigenen Studiengang Verwaltungsinformatik in Zusammenarbeit mit der Hochschule des Bundes. Dort bieten wir 48 Studienplätze pro Jahr an.
msg: Das ist eine Menge.
Brigl: Und das wird sich noch steigern. Wir haben vor vier Jahrenmit 24 Studienplätzen angefangen und das sukzessive gesteigert, um somit zumindest einen Teil unseres Personalbedarfs decken zu können. Natürlich ist damit auch ein gewisser Aufwand für unser gesamtes Haus verbunden, denn dieser Studiengang hat drei Praxisphasen.
msg: Das ist also ein duales Studium?
Brigl: Ja genau, ein duales Studium mit drei Praxisphasen. Und natürlich müssen wir die Studierenden im Haus auch angemessen betreuen. Sie sollen in den Praxisphasen ja etwas lernen, was wiederum für unser Bestandspersonal einen gewissen Aufwand bedeutet. Aber das ist sehr gut investierte Zeit. Die Kollegen und Kolleginnen, die nach ihrem Abschluss zu uns ins Haus kommen, sind in allen Abteilungen eine echte Bereicherung. Hier in meinem Vorzimmer sitzt auch ein Absolvent, ein junger Kollege, der seit August hier ist.
msg: Vielen Dank, Frau Dr. Brigl und Herr Gülükoglu, für das informative Gespräch und die Einblicke in Ihre Arbeitsbereiche.
Brigl: Sehr gerne.
Gülükoglu: Ja, sehr gerne.