Was ist „Design Thinking“?
Design Thinking ist eine systematische und iterative Herangehensweise für komplexe Problemstellungen, die konstant Menschenzentrierung in den Mittelpunkt stellt und auf kollaborativer Zusammenarbeit basiert. Die Interessen und Bedürfnisse werden aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet. Die Zusammenarbeit erfolgt in interdisziplinären Teams und einem hierarchiefreien Umfeld. Design Thinking ist gleichermaßen ein Denkansatz, eine Methodensammlung und ein Innovationsprozess. Das Vorgehen im Design Thinking stellt sicher, dass Problemstellungen wirklich erkannt und verstanden werden. Es können möglichst viele Ideen gesammelt, potenzielle Lösungen schnell gefunden und in ersten prototypischen Versionen implementiert werden.
Wie sehen die Phasen der Umsetzung aus?
Ein Grundsatz im Design Thinking ist die Unterscheidung zwischen „Problemraum“ und „Lösungsraum“. Zunächst ist es wichtig, sich im Problemraum intensiv mit den Herausforderungen zu beschäftigen. Danach erst wechselt man zur Lösungsfindung in den Lösungsraum. Das Ganze durchläuft insgesamt sechs Phasen.
Wie fängt man an?
Die ersten drei Phasen sind der Problemraum. In der ersten Phase geht es darum, die Herausforderungen und Probleme richtig zu verstehen und ein gemeinsames Verständnis der Problemstellung zu schaffen. Hier fließen Erkenntnisse aus Recherchen und Analysen ein.
In der zweiten Phase lassen sich mithilfe von Interviews und Observation Emotionen, Bedürfnisse und Verhaltensmuster der Teilnehmenden beobachten. Ziel dieser Phase ist es, Empathie für das Problem zu entwickeln.
Die dritte Phase soll die Sichtweise definieren, indem die Erkenntnisse aus den vorangegangenen Phasen zu einem Standpunkt zusammengefasst werden. Dieser „Point of View“ wird als konkrete Frage formuliert und ist essenziell für die darauffolgenden Phasen im Lösungsraum.
Wie kommt man vom Problem zur Lösung?
Der gemeinsam entwickelte „Point of View“ ermöglicht nun eine zielgerichtete Aufgabenstellung für den Wechsel in den Lösungsraum. Hier beginnt die vierte Phase: In der geht es darum, Ideen für die definierte Problemstellung zu finden. Mittels Kreativmethoden werden möglichst viele Lösungsansätze für die zuvor definierte Problemstellung gesammelt. Wichtig ist ein kreatives Umfeld, in dem auch unkonventionelle Lösungsansätze für Innovationen entstehen können.
Anschließend folgt die fünfte Phase: Für priorisierte Ideen werden in dieser vorletzten Phase Prototypen entwickelt. Das können im IT-Bereich interaktive Klickprototypen für digitale Anwendungen sein oder erste funktionsfähige Lösungen als „Minimum Viable Product“ (MVP). Für andere innovative Lösungen in Form von Produkten, Maßnahmen oder Prozessen lassen sich Prototypen auch mit Stift und Papier, Bastelmaterial, Lego-Bausteinen oder Rollenspielen umsetzen. Entscheidend für die Qualität eines Prototyps ist die Möglichkeit, sich in die Lösung hineinversetzen und Feedback geben zu können, bevor mit der Umsetzung begonnen wird.
In der sechsten Phase geht es darum, die entwickelten Lösungen zu testen. Die Verbesserungsvorschläge fließen in den iterativen Prozess der Weiterentwicklung von Prototypen bis zur Umsetzung der fertigen Lösung ein.
Welche Herausforderungen lassen sich mit Design Thinking lösen?
In der öffentlichen Verwaltung existieren häufig starre Mechanismen und Organisationsstrukturen. Ineffiziente, nicht standardisierte Prozesse, fehlendes Prozessmanagement sowie Unklarheiten über sich verändernde oder neu zu gestaltende Aufgaben sind häufig eine große Herausforderung für Organisationen. Design Thinking bietet der Verwaltung die Möglichkeit, die Ursachen und Schmerzpunkte zu ermitteln und Veränderungen herbeizuführen, wie z.B. einen nutzerfreundlicheren Service oder innovative Angebote. Aber es können auch neue digitale Lösungen sein, etwa um Personalengpässe zu reduzieren oder Verwaltungsprozesse zu beschleunigen. Durch diesen nutzerzentrierten Ansatz werden bei der Lösung von Problemen eben sowohl die Interessen der Bürgerinnen und Bürger als auch die der Verwaltungsmitarbeitenden hervorragend berücksichtigt.
Welche Vorteile haben Behörden, die diese Methode einsetzen?
Design Thinking bietet Behörden die Möglichkeit, die Effizienz und Innovationsfähigkeit in der Organisation zu steigern. Das spart langfristig Zeit und Geld aufgrund der iterativen prototypischen Entwicklung von Lösungen und der frühzeitigen Testung. Durch Design Thinking werden Nutzerperspektiven umfangreich berücksichtigt. Daraus resultiert eine höhere Nutzerzufriedenheit. Der kreative Prozess der Ideenfindung fördert innovative Lösungen. Er unterstützt den Veränderungsprozess, sich offener und mutiger mit neuen Technologien und Lösungsansätzen auseinanderzusetzen und Dinge auszuprobieren.
Welche Erfahrungen hat msg bei IT-Projekten auf Ebene von Bund, Ländern und Kommunen gemacht?
msg hat beispielsweise für die Verwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg in einem Pilotverfahren vier Verwaltungsprozesse digitalisiert, in einem viermonatigen Sprint-Format. Verwendet wurde Low-Code-Technologie (intelliForm und Modul F). Mit dem Einsatz von innovativen und nutzerzentrierten Methoden aus dem Design Thinking wurde die Prozesserhebung in Workshops mit interdisziplinären Teams durchgeführt. Der Einsatz von Rapid Prototyping hat eine schnelle Umsetzung von der Lösungskonzeption bis zur fertigen Umsetzung mit der Low-Code-Plattform ermöglicht.
Ziel des Projektes war es, die Prozesse Deployment-fähig zu digitalisieren. Ziel war auch zu beweisen, dass sich mit dieser Idee Prozesse schnell digitalisieren lassen und es dafür geeignete Methoden sowie eine Nachfrage in der Hamburger Verwaltung gibt.
Weiteres Beispiel: In einem Projekt der Bundesfinanzverwaltung mit Beteiligung mehrerer Ministerien und Behörden haben wir seitens msg einen abteilungsübergreifenden Innovationsprozess mit Design Thinking begleitet. Zum einen ging es um die konkrete Entwicklung einer innovativen und nutzerfreundlichen Lösung zur Optimierung eines komplexen und bisher nur teilweise digitalisierten Finanzverwaltungsprozesses. Zum anderen sollten die Mitarbeitenden in der Verwaltung Design Thinking kennenlernen und die Methode etablieren. Das gemeinsame Lösen einer konkreten Problemstellung sahen die Beteiligten als größten Erfolg. Der Einsatz von Design Thinking wurde im Projekt als enormer Mehrwert gelobt.
Welche Rolle spielt das Nationale E-Government Kompetenzzentrum?
msg ist seit 2020 Mitglied im Nationalen E-Government Kompetenzzentrum e.V. (kurz: NEGZ). Das NEGZ vernetzt Menschen aus Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft. Unter Leitung der msg haben wir Anfang 2022 den NEGZ-Arbeitskreis „Design Thinking in der öffentlichen Verwaltung“ gegründet. Der Arbeitskreis bringt Interessierte rund um das Thema Design Thinking und Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung zusammen, um Erfahrungen auszutauschen und den Ansatz bekannter zu machen. Über den Arbeitskreis organisieren wir Netzwerktreffen und bieten Workshops sowie Weiterbildungen an.
Wie kann msg die Verwaltung unterstützen?
Unsere Erfahrungen bei msg zeigen, dass Projekte und Veränderungen oftmals darunter leiden, dass immer gleiche Vorgehensweisen angewendet werden. Wenn es eindeutige Rahmenbedingungen gibt oder Lösungsansätze bereits vorliegen und nur noch umgesetzt werden müssen, lassen sich Projekte und Aufgaben mit klassischen Arbeitsmethoden sehr gut bewältigen. Wenn es aber darum geht, komplexe Probleme zu lösen oder neue Lösungen zu entwickeln, dann ist Design Thinking genau der richtige Ansatz.
Mit unserem Experten-Team aus zertifizierten Design Thinking Coaches unterstützen wir die öffentliche Verwaltung bei der Lösung komplexer Herausforderungen und bieten in der msg verschiedenste Leistungspakete an.Christian Hochhuth ist Lead Business Consultant im Public Sector Business Consulting und beschäftigt sich seit über 15 Jahren inhaltlich mit den Themen Digitalisierung, Innovation und Change-Management in der öffentlichen Verwaltung.
Er ist zertifizierter Design Thinking Coach und durch langjährige Tätigkeit als Berater und Moderator in Digitalisierungs- und Veränderungsprojekten der öffentlichen Verwaltung ein ausgewiesener Experte in den Bereichen Service Design und User Experience Design.