Was ist Open Data und was genau macht Daten offen?
Als Open Data werden von der EU-Kommission Daten bezeichnet, die von jedem ohne Einschränkung genutzt, weiterverbreitet und weiterverwendet werden dürfen. Dies können beispielsweise Geodaten, Freizeit-, Tourismus- oder Infrastrukturdaten sein. Verschiedene Stakeholdergruppen, wie Regierungen, Unternehmen oder auch Privatpersonen, können offene Daten nutzen, um soziale, ökologische und wirtschaftliche Mehrwerte zu generieren. Im politischen Kontext wird Open Data oft auch als „Open Government Data“ bezeichnet. Es handelt sich hierbei um Daten der öffentlichen Verwaltung, welche die Eigenschaften öffentlicher Güter erfüllen. Durch Open Data erhalten verschiedene Stakeholder Zugang zu Wissen der öffentlichen Verwaltung, meist in Form von steuerfinanzierten Daten.
Die Sunlight Foundation hat zehn Prinzipien definiert, nach welchen Daten als offen bezeichnet werden können. Worum geht es dabei?
Richtig, die Sunlight Foundation, eine amerikanische NGO, die sich für offenes Verwaltungshandeln einsetzte, hat diese zehn Prinzipien definiert. Eines der wichtigsten ist, dass die Daten in einem maschinenlesbaren Format vorliegen, da sie ansonsten nur schwer weiterverwendet werden können. Während zum Beispiel ein PDF-Dokument für Nutzende gut lesbar ist, ist es für die maschinelle Weiterverwendung nahezu ungeeignet. Zu den maschinenlesbaren Formaten zählen beispielsweise XML- oder CSV-Dateien, welche auf offenen Standards beruhen. Offene Daten sind in der Regel lizenziert. Die Daten müssen eindeutig als Werk der Regierung gekennzeichnet werden.
Die Lizenz sollte der Allgemeinheit erlauben, die Daten in jeder beliebigen Weise zu nutzen und sie ohne Auferlegung von Bedingungen, die sich als Barrieren auswirken können, zugänglich machen. Die Daten der Regierung sollten so vollständig wie möglich veröffentlicht werden. Das schließt mit ein, dass zu den eigentlichen Daten Metadaten mitgeliefert werden, welche die Verwaltungsdaten beschreiben (z. B. Name des Erstellers, Veröffentlichungsdatum etc.). Offene Daten sollten im Rohformat vorliegen, sollten aktuell und dauerhaft zur Verfügung gestellt werden und möglichst mit keinen Nutzungskosten verbunden sein, da diese ein Hindernis zur Nutzung der Daten darstellen. In Puncto Zugänglichkeit sollte ein barrierefreier Zugriff ermöglicht werden, es sollten offene Standards genutzt werden und jede Person sollte zu jedem Zeitpunkt Zugriff auf die Daten haben, ohne sich dafür identifizieren zu müssen.
Wo steht Deutschland hier im Vergleich zu anderen Ländern?
Absoluter Trendsetter in der EU ist Frankreich. Laut Open Data Maturity Report der EU von Dezember 2022 hat das Land einen Open Data Reifegrad von 97 Prozent. Deutschland, mit einem Reifegrad von 82 Prozent, liegt hier deutlich hinter den Trendsettern der EU-Mitglieder, aber dennoch über dem EU-Durchschnitt (79 Prozent). Das EU-weite Modell misst den Open Data Reifegrad eines Landes anhand der Dimensionen Politik, Wirkung, Portal und Qualität. Laut Bericht hat Deutschland auf allen vier Ebenen Nachholbedarf.
Die Problematik rund um Open Data in Deutschland zeigt sich besonders anschaulich an der Portal-Dimension. GovData ist das offizielle Datenportal für Deutschland und bildet die zentrale Quelle für die Suche von offenen Daten der Verwaltung. Ein grundlegendes Problem ist jedoch, dass zahlreiche weitere Datenportale von Kommunen, Kreisen und Bundesländern in Deutschland existieren, die nicht automatisch an GovData angebunden sind. Das liegt unter anderem daran, dass die Teilnahme an GovData auf Freiwilligkeit beruht. Dieser Flickenteppich von Datenportalen und das Nichtvorhandensein einer automatischen Anbindung hat zur Folge, dass GovData nur eingeschränkt die in Deutschland existierenden offenen Verwaltungsdaten abbildet.
Warum sind offene Daten für die Verwaltung so wertvoll?
In erster Linie sind offene Daten für unsere Demokratie unabdingbar. Zugang zu Wissen, insbesondere zu Behördendaten, ist Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Offene Behördendaten schaffen Transparenz über politisches Handeln, was zu einem höheren Verantwortungsgefühl der Verwaltungsakteure gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern führen und Korruption nachhaltig verhindern kann. Konkret auf die öffentliche Verwaltungsarbeit bezogen kann Open Data zu einer effizienteren intra- und interbehördlichen Zusammenarbeit führen. Daten sind leichter für die Verwaltungsakteure auffindbar und können ohne Abstimmungsaufwand nachgenutzt und weiterverwendet werden.
Doppelte Datenerhebungen können verhindert werden, da das Wissen nicht mehr auf die einzelne Organisationseinheit begrenzt ist, sondern behördenübergreifend zur Verfügung steht. Auch auf einer ökonomischen Ebene haben offene Daten für Deutschland ein enormes Innovationspotenzial. Durch die Öffnung von Daten können Unternehmen und weitere Stakeholder die Daten nahezu uneingeschränkt nutzen, verwenden und weiterverarbeiten, wodurch neue Anwendungen, Produkte und Geschäftsmodelle entstehen können. So schätzt eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung aus dem Jahr 2016, dass offene Verwaltungsdaten in Deutschland das Potenzial von 43,1 Mrd. Euro Wirtschaftswachstum bergen und 20.000 neue Arbeitsplätze schaffen können.
Kannst du uns ein konkretes Beispiel nennen, wo Open Data in Bund, Ländern oder Kommunen verwendet wird?
Das für uns alle sicherlich prägnanteste Beispiel, wo Open Data in Deutschland aktiv verwendet wird, ist die Bereitstellung der COVID-19-Daten durch das Robert-Koch-Institut. Durch die Aufbereitung der Daten in verschiedenen Dashboards konnten während der Corona-Pandemie innovative Frühwarnsysteme entwickelt werden, die zur besseren Beobachtung und Eindämmung der Corona-Fallzahlen verholfen haben. Hier sind beispielsweise die Corona-Warn-App oder das Dashboard über die Bettenverfügbarkeit (DIVI-Intensivregister) zu nennen.
Das hört sich alles positiv an, aber warum wird Open Data im öffentlichen Diskurs oft noch kritisch betrachtet?
Oft wird Open Data kritisch betrachtet, da es an ausreichendem Wissen über das Thema mangelt. Häufig werden hier insbesondere Datenschutzbedenken geäußert. Wichtig ist hier zu verstehen, dass offene Daten keinerlei Personenbezug aufweisen dürfen und die Verarbeitung und Veröffentlichung somit nicht unter die DSGVO fallen. Es besteht die Pflicht, personenbezogene Daten zu anonymisieren, bevor sie als Open Data veröffentlicht werden.
Was muss konkret getan werden, damit Open Data in der Bundesverwaltung endlich ankommt?
In erster Linie muss im E-Government-Gesetz ein Rechtsanspruch auf die Bereitstellung offener Daten formuliert werden. Zwar wurde die Bundesverwaltung im Open-Data-Gesetz zu einer Bereitstellung der Daten verpflichtet, dennoch muss sie aktuell keine negativen Konsequenzen befürchten, wenn sie die Veröffentlichungsregeln nicht einhält. Zudem führt die Bundesregierung in ihrer Open-Data-Strategie drei Handlungsfelder auf, die angegangen werden müssen, um Open Data in der Verwaltungslandschaft nachhaltig zu etablieren. In erster Linie sollte die Datenbereitstellung in Deutschland verbessert werden. Hier ist die Weiterentwicklung des nationalen Metadatenportals GovData entscheidend.
Gleichwohl sollte eine innovative, gemeinwohlorientierte und verantwortungsvolle Datennutzung gewährleistet werden. Hier schlägt die Bundesregierung eine Etablierung von Best Practices für die Bundesverwaltung vor. Zuletzt wird betont, dass die Datenkompetenz der Mitarbeitenden von Behörden gestärkt werden muss und eine neue Kultur im Umgang mit Daten in der Bundesverwaltung etabliert werden sollte, um die Qualität und Nachnutzbarkeit offener Daten zu erhöhen.
Wie kann msg hier unterstützen?
Besonders herausfordernd ist es für unsere Kundinnen und Kunden, das nötige fachliche und technische Know-how für die Bereitstellung von Open Data in den einzelnen Behörden zu verankern und Hemmnisse in Bezug auf Datenschutz und Datensicherheit abzubauen. Als führendes IT-Beratungs- und Systemintegrationsunternehmen verfügt die msg über ein breites Know-how, Change Prozesse anzustoßen und nachhaltig zu begleiten. Durch unsere jahrelange Expertise in der Bundesverwaltung kennen wir die Ängste und Herausforderungen unserer Kundinnen und Kunden im Hinblick auf die Einführung von Open Data. So können wir anfängliche Vorurteile schnell abbauen und qualitätsgesicherte Wege zur Datenbereitstellung aufzeigen. Dadurch können wir gezielt die Datenkompetenz unsere Kundinnen und Kunden stärken und einen Kulturwandel bezwecken, der einen sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Mehrwert für Deutschland schafft.
Maribell Steiner ist Projektmanagerin im Public Sector und beschäftigt sich inhaltlich mit Open Data und Methoden des Projektmanagements. Durch ihren interdisziplinären Studienhintergrund begleitet sie Projekte der öffentlichen Verwaltung mit einem technischen und psychologischen Fokus.