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Zwischen E-Akte, Fachverfahren und Digitalisierungsplattform

Axel Drengwitz und Rainer Clemens (IMTB) erläutern im Interview die Ergebnisse der Studie.

Gemeinsam mit der IMTB Consulting GmbH hat msg im Mai 2022 die Studie „Zwischen E-Akte, Fachverfahren und Digitalisierungsplattform – Behördenbefragung ermittelt Empfehlungen für ein durchgängiges E-Government“ veröffentlicht. Im Gespräch stellen die Verantwortlichen Rainer Clemens, Geschäftsführer der IMTB Consulting GmbH und Axel Drengwitz, Bereichsleiter msg Public Sector, die Ergebnisse der bundesweiten Umfrage vor und erklären die Bedeutung von Plattformen für eine durchgängige Digitalisierung der öffentlichen Hand.

Wie lassen sich diese Einschränkungen überwinden?

Rainer Clemens: Als einen wichtigen Schlüssel sehen wir die Einführung von Digitalisierungsplattformen in den Verwaltungen. Sie können historisch gewachsene Systeme und Datenbanken flexibel über passende Konnektoren integrieren und helfen so, Prozesse zu automatisieren beziehungsweise zu steuern. Datenflüsse werden integriert, Mehrfacheingaben entfallen. Veränderungen in Prozessabläufen oder gesetzlich vorgegebene Anpassungen realisieren die Nutzenden schnell und unkompliziert durch Konfiguration. Fachverfahren können zielgerichtet modular nach dem Baukastenprinzip digitalisiert werden. Auch Altanwendungen, die sämtliche Anforderungen eines Fachverfahrens abdecken, lassen sich auf eine Digitalisierungsplattform portieren und mit zusätzlichen Plattformfunktionalitäten wie mobilen Apps, Auswertungen, KI oder Automatisierungen modernisieren. Zusätzliche Funktionen wie beispielsweise Chatbots, Robotic Process Automation oder Formularmanagement steigern den Mehrwert für alle Nutzenden.

Nutzen die Behörden bereits Digitalisierungsplattformen?

Axel Drengwitz: Zum jetzigen Zeitpunkt haben Digitalisierungsplattformen die Verwaltungen noch nicht auf breiter Basis durchdrungen, es gibt aber vereinzelte Ansätze. Das gibt auch unserer Umfrage wieder. Die Verwaltungen sind durch die Einführung der Basiskomponenten des E-Governments und durch den Druck, den die Umsetzung des OZG oder die Registermodernisierung erzeugt, bereits mehr als ausgelastet. Da bleibt kaum Zeit, sich über technologische Neuentwicklungen zu informieren, die die digitale Transformation entscheidend vorantreiben und auch erleichtern würden. Behörden, die das Thema Digitalisierungsplattform bereits angehen, verfolgen in der Regel eine rein technische Herangehensweise: Sie schreiben Produkte ohne fachliche Unterstützungsleistungen aus, um zu experimentieren. Sinnvoll wäre, technische und fachliche Unterstützung parallel zur Hilfe zu nehmen.

Inwieweit ist Prozessmanagement (PZM) ein wesentlicher Faktor für eine erfolgreiche digitale Transformation?

Rainer Clemens: Grundsätzlich wird im Prozessmanagement zwischen einer operativen und strategischen Ebene unterschieden. Während sich das operative Prozessmanagement mit der Dokumentation, Optimierung und kontinuierlichen Verbesserung einzelner Prozesse beschäftigt, formuliert das strategische Prozessmanagement den Rahmen und die Vorgaben, die an den strategischen Zielen der Verwaltung ausgerichtet sind. Ohne das strategische Prozessmanagement werden Prozesse vielleicht punktuell für bestimmte Vorhaben oder Organisationsbereiche erhoben, aber es fehlt eine strukturierte und einheitliche Vorgehensweise, die zu einer vollständigen und durchgängigen Prozessdokumentation führen. Das ist auch einer der Gründe, warum die Potenziale von PZM von den Behörden nicht voll ausgeschöpft werden. Dabei können effiziente IT-gestützte Arbeitsabläufe nur umgesetzt werden, wenn optimierte und durchgängige Soll-Prozesse mit den nötigen Informationen vorliegen. Kernelemente wie Prozessdokumentationen, Prozesslandkarten und die Erfassung von Kennzahlen unterstützen die Behörden auf ihrem Weg in eine erfolgreiche durchgängige Digitalisierung.

Was sind die entscheidenden Erfolgsfaktoren für eine moderne Verwaltung?

Axel Drengwitz: Wir haben aus den Befragungsergebnissen sechs Handlungsempfehlungen in verschiedenen Themenfeldern abgeleitet, die eine gute Grundlage für eine durchgängige Digitalisierung bieten. So sehen wir u. a. nach wie vor zu geringe Anstrengungen, Digitalkompetenzen auf allen Ebenen in den Behörden aufzubauen. Hier besteht großer Nachholbedarf, um digitale Verwaltungsprozesse überhaupt sicherstellen zu können. Auch müssen Digitalisierungsplattformen sukzessive in die deutsche Behörden-IT gebracht werden. Sie werden der Schlüssel für medien- und systembruchfreie Prozesse sein. 

Interviewpartner

Rainer Clemens ist Geschäftsführer der IMTB Consulting GmbH. Er begleitet seit seinem Start ins Berufsleben als Berater die öffentliche Verwaltung bei der digitalen Transformation. Der Diplom-Wirtschaftsinformatiker hat in den über 20 Jahren Beratungserfahrung hohe Expertise in den Themen Organisationsberatung, Prozessmanagement und Informationsmanagement aufgebaut. Insbesondere die Konzeption und Umsetzung der durchgängigen IT-Unterstützung von Geschäftsprozessen sind bis heute ein Schwerpunktthema.

Axel Drengwitz ist als Bereichsleiter bei msg Public Sector für das Beratungsangebot zur Optimierung der Aufbau- und Ablauforganisation in der Öffentlichen Verwaltung insgesamt verantwortlich. Aus langjähriger und intensiver Beratungstätigkeit besitzt Herr Drengwitz umfassende Expertise zu Fragen der Organisationsgestaltung. Der zielgerichtete Einsatz von IT-Unterstützung zur Optimierung von Organisationen bildet hierbei einen wesentlichen Beratungsschwerpunkt.

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