Wozu braucht die Verwaltung ein Veränderungsmanagement?
Alexander Zajelski: Wir erleben zurzeit einen rasanten technischen Fortschritt, aber auch Veränderungen im politisch-rechtlichem Umfeld. Die öffentliche Verwaltung reagiert auf diese Veränderungen mit Anpassungen ihrer Strukturen und Veränderungen in der Organisation. Größere Veränderungen werden fast schon selbstverständlich durch ein Projektmanagement gesteuert, um die organisationsbezogenen, fachlichen und IT-technischen Änderungen zu begleiten.
Als Beispiele kann man die Einführung der E-Akte oder auch die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes nennen. Beide gehen mit dem Ziel einher, die öffentliche Verwaltung zukunftsfähiger und moderner zu gestalten, und sind mit einschneidenden Veränderungen für die Prozesse in einer Behörde und für das dort arbeitende Personal verbunden. Auch die durch die Corona-Pandemie beschleunigten Digitalisierungs- und Konsolidierungsmaßnahmen in der öffentlichen Verwaltung bedeuten für die Mitarbeitenden eine weitreichende Veränderung. Man denke nur an die Verlagerung des Arbeitsplatzes vom klassischen Büro hin zum mobilen Arbeiten mit all ihren Auswirkungen auf das Thema Personalführung oder Arbeitsorganisation.
Nils-Alexander Fleischer: Wir verstehen Projektmanagement und Veränderungsmanagement als komplementäre Disziplinen, wobei letzteres sich auf die Mitarbeitenden der betroffenen Organisation konzentriert. Veränderungsmanagement hat die Aufgabe, die Mitarbeitenden einzubinden und ihre Akzeptanz und Bereitschaft für die Veränderung schon in einer frühen Projektphase zu erhöhen. Das wirkt sich positiv auf den Projekterfolg aus. Veränderungsmanagement ist vielschichtig und hilft nicht nur, Strategien und neue Strukturen und Prozesse zu etablieren, sondern auch persönliche Verhaltensweisen zu überdenken und an ständig neue Herausforderungen anzupassen.
Welche Herausforderungen stellen sich der Verwaltung dabei?
Alexander Zajelski: Die Anwendung von Methoden des Veränderungsmanagements sind im Vergleich zum Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung noch relativ neu. Insbesondere stark hierarchisch aufgestellte Organisationen mit komplexen politisch-rechtlichen Entscheidungswegen stehen darüber hinaus vor der Herausforderung, eine adäquate und wertschätzende Informations- und Kommunikationskultur zu pflegen. Veränderungen sollten offen und transparent kommuniziert, den Meinungen, Ideen und Bedenken des Verwaltungspersonals Gehör geschenkt werden. Ansonsten ist aus der Organisation heraus verstärkt mit Ängsten und Widerständen zu rechnen.
Nils-Alexander Fleischer: Entscheidend ist nicht, ob Ängste oder Widerstände implizit oder explizit geäußert werden, sondern der Umgang damit. Unklaren Zielen und emotionalen Konflikten sollte immer Raum gegeben werden, sie auf rationaler Ebene zu diskutieren und zu klären. Dazu können Informations- und Austauschrunden angeboten werden, ergänzt durch Workshops im kleineren Kreis, um Ängste zu nehmen und aus Betroffenen Beteiligte zu machen.
Wie kann das Veränderungsmanagement dann erfolgreich werden – und wie bemisst sich der Erfolg der Veränderung?
Alexander Zajelski: Aus unserer Sicht werden bereits zum Beginn des Unterfangens in der Analysephase die Grundsteine für eine erfolgreiche Veränderung gelegt. Entscheidend ist unter anderem die Zielbilddefinition, also die Frage, was verändert oder erreicht werden soll, und der Abgleich mit der IST-Situation. In diesen Zusammenhang gehört auch die Erstellung einer Vision, als SOLL-Zustand, über den sich alle Beteiligten einig sein müssen. Ebenfalls am Beginn steht die Definition messbarer Kriterien für den Erfolg und eine Planung, wann welche Kriterien mit welchen Methoden oder Tools geprüft werden sollen. Dies betrifft beispielsweise die Messung der Veränderungsbereitschaft sowie eine systematische Erfassung von Risiken. Diese Erkenntnisse helfen uns dabei, ein passgenaues Vorgehen auszuwählen.
Nils-Alexander Fleischer: Darüber hinaus gilt es, sich die beteiligten Personen genau anzusehen, denn die Veränderungen betreffen primär die Menschen in einer Organisation. Eine genaue Stakeholderanalyse gehört unbedingt dazu. Nur wenn klar ist, welche Person in welcher Art und Weise von der Veränderung betroffen ist oder sein könnte, ist das Vorgehen auch tatsächlich in seiner Komplexität planbar und können nachhaltige Ergebnisse erzielt werden.
Den Führungskräften kommt während dieses Prozesses eine tragende Rolle zu, um Akzeptanz bei den Mitarbeitenden zu erzeugen. Daher legen wir ein besonderes Augenmerk darauf, das Führungspersonal zu befähigen, diesen Prozess so zu stützen, dass er zum Erfolg führen kann.
Wie muss es dafür angegangen werden und welche Rolle übernimmt msg dabei?
Nils-Alexander Fleischer: Wir unterteilen Veränderungsprojekte in Phasen und folgen damit einem strukturierten Ansatz. Wir bestimmen gemeinsam mit dem Kunden, wo dieser heute steht und wie weit er aktuell noch von seiner Vision entfernt ist. Hieraus leitet sich die Veränderungsstrategie ab: Das kann beispielsweise eine Multiplikatoren-Strategie sein, um eine größere Anzahl an Mitarbeitern parallel zu erreichen. Dann geht es darum, die Multiplikatoren mit Hilfe von Trainings oder Mentoring zu befähigen. Begleitet wird das durch Veränderungskommunikation mit Medien wie Flyer, Intraneteinträge und Informations- und Diskussionsveranstaltungen. In der abschließenden Phase werden die Maßnahmen evaluiert, das Feedback der Mitarbeitenden ausgewertet und daraus Optimierungen abgeleitet und implementiert: An welchen Punkten sind weiterhin Veränderungsmaßnahmen notwendig? Wie muss das weitere Vorgehen aussehen und wie ist es zu planen? Wir helfen, solch ein Vorgehen aufzubauen, oder unterstützen bereits bestehende behördeninterne Teams punktuell. Wir verstehen uns als Brückenbauer zwischen Projekt-, Behörden und Mitarbeitersicht und für moderne Formen der Zusammenarbeit.
Alexander Zajelski: Wir sehen unsere Rolle auch darin zu beobachten, um dann bei Bedarf gezielt nachzusteuern und bestimmte Maßnahmen einzuleiten. Uns ist es wichtig, die Veränderung auf stabile Beine zu stellen und den Veränderungsprozess nachhaltig zu verankern. Mit Trainings und Coachings helfen wir dabei, die Personalentwicklung in der öffentlichen Verwaltung um Aspekte von Achtsamkeit, Work-Life-Balance oder Zeit- und Aufgabenmanagement zu ergänzen. Auch regelmäßige Retrospektiven und Feedbackrunden gehören dazu. Der Austausch reflektierter Erfahrungen ist von immenser Bedeutung für den Veränderungsprozess.