Kundeninterview:
Refratechnik
Aufbau einer zentralen SAP BW/4HANA und SAP Analytics Cloud-Lösung
Aufbau einer zentralen SAP BW/4HANA und SAP Analytics Cloud-Lösung zur effizienten Verfolgung strategischer Unternehmensziele
Die Refratechnik Gruppe ist ein globales Unternehmensnetzwerk mit Aktivitäten in der Feuerfestindustrie und im Bereich der Industrieminerale. Vor 70 Jahren gegründet, umfasst das weltweit größte Familienunternehmen für Feuerfestprodukte aktuell 27 Standorte und über 2.000 Mitarbeitende.
Warum Refratechnik eine zentrale Datenmanagement- und Analyselösung aufbaut und welche Vorteile damit verbunden sind, erläutern Silke Denecke und Marianne Hennies zusammen mit Alexander Bätz.
Frau Denecke, welche Rolle spielt die „Digitale Transformation“ in Ihrem Hause? Welche strategischen Unternehmensziele verfolgen Sie mit der Einführung der zentralen SAP BW/4HANA und SAP Analytics Cloud-Lösung?
Silke Denecke: Die digitale Transformation ist für uns ein sehr wichtiger Prozess, um den Erfolg der Gruppe weiterhin zu sichern. Sie hat bei uns höchste Priorität und alle Abteilungen arbeiten an digitalen Lösungen in ihren Bereichen. Da wären zum Beispiel die Bereiche Finanzbuchhaltung, das Dokumentenmanagement, bis hin zur Kundenbetreuung. Durch die digitale Transformation können wir in diesen Bereichen schneller und effektiver werden. Unser Ziel ist es, zu einem der weltweit am besten geführten Unternehmen zu gehören, auch in Bezug auf den Umgang mit der fortschreitenden Digitalisierung.
Mit der Einführung des zentralen BW/4HANA machen wir einen großen Schritt in Richtung
Big Data & Analytics. Durch die zentrale Datenhaltung werden korrelierte Analysen über verschiedene Themenbereiche hinweg ermöglicht. Dadurch möchten wir einen Mehrwert schaffen und unsere Kunden sowie unsere Prozesse besser verstehen. Unsere Ausgangslage für das Projekt ist vergleichsweise gut. Wir haben in den vergangenen Jahren in vielen Bereichen Harmonisierungen durchgeführt. Diese helfen uns nun bei der effizienten Informationsgewinnung.
Frau Hennies, Sie sind Manager Controlling bei Refratechnik und leiten aktuell die Einführung der Datenmanagement-und Analyselösung auf Basis von SAP BW und der SAP Analytics Cloud, die in Teilen bereits in die Organisation ausgerollt wurde. Was war die Initialzündung für dieses Projekt und welche besonderen Anforderungen hatten Sie an die zukünftige Softwarelösung?
Marianne Hennies: Unsere Herausforderung bestand darin, ein Business-Intelligence-Tool einzuführen, das mit unserem bestehenden SAP-ERP-System und anderen SAP-Cloud-Systemen, aber auch mit anderen Systemen (z.B. SQL-Datenbank) hochgradig integrierbar ist. Wir wollten ein innovatives Tool einführen, das für unsere Zielgruppe intuitiv und einfach zu bedienen ist. Unsere Zielgruppe besteht sowohl aus unserem Top-Management als auch aus leitenden Positionen in unseren Tochtergesellschaften.
Bei der Evaluierung der SAP Analytics Cloud wurde uns klar, dass dieses Tool eine beeindruckende Visualisierung mit sich bringt, wir BW/4HANA dennoch als Datenbank implementieren müssen, um das gesamte innovative Potenzial dieses Tools nutzen zu können. Außerdem entschieden wir uns für eine Live-Daten-Anbindung, die unser Projekt hinsichtlich der Datenmodellierung zu einer gewissen Pionier-Arbeit gebracht hat.
Vor dem Hintergrund der vielen Standorte, Stakeholder und heterogenen Anforderungen: Was war die größte fachliche Herausforderung in diesem Projekt und wie haben Sie diese gelöst?
Marianne Hennies: Da wäre zunächst einmal das Thema Stammdaten. Über die letzten Jahre haben wir diverse SLO-Projekte (System Landscape Optimization) erfolgreich umsetzen können (einheitlicher Ergebnisbereich, einheitlicher Kontenplan, einheitliche Materialstämme, neu geschaffene Vertriebssegmente). Die Stärke in unseren Finanz-, Material- und Vertriebsdaten wollten wir mit einem BW/4HANA-Ansatz voll ausschöpfen.
Für jedes Datenmodell, das wir an das BW/4HANA angebunden haben, mussten wir auf globaler Ebene jedoch die Stammdaten prüfen und in einigen Fällen von den Fachabteilungen dennoch überarbeiten lassen. Zu einem einheitlichen Materialstamm, als Beispiel, gibt es noch einige andere entscheidende Merkmale, die wir im Zuge unseres Projekts weiter strukturiert haben. Wir hatten zudem zwar einheitliche Daten, allerdings nicht in einer einheitlichen Sprache. Wir entschieden uns somit, alle Modelle nur auf Englisch in das BW zu laden.
Da wir eben zu einer Live-Datenanbindung gegriffen haben, reagiert diese bei den kleinsten Stammdaten-Abweichungen sehr sensibel. Einer sehr großen fachlichen Herausforderung standen wir im FI-Modell gegenüber. Da wir im SAP ECC noch das alte Hauptbuch im Einsatz haben, gab es für die Integration in das BW/4HANA 2.0 kein durchgängiges Datenmodell. Im ersten Versuch ließen sich nur die GuV-Daten fehlerfrei darstellen. In der Bilanz hingegen konnte die Wechselkonten-Logik nicht korrekt abgebildet werden. Daher musste ein neuer Ansatz entwickelt werden und es entstand ein zweites FI-Modell. Mit diesem lassen sich nun sowohl Bilanz als auch GuV-Werte sauber darstellen, allerdings nur als kumulierte und nicht als periodische Werte.
Herr Bätz, diese Frage gebe ich auch gerne an Sie. Wie würden Sie das Projekt hinsichtlich seiner fachlichen Herausforderungen und Lösungsansätze beschreiben?
Alexander Bätz: Frau Hennies hat schon wesentliche Vorteile genannt, die auch aus meiner Sicht zum Projekterfolg beigetragen haben. Zum einen hat Refratechnik schon im Vorfeld weitreichend harmonisierte Stammdaten in einem zentralen SAP-System geschaffen und hier hat das aktuelle Kennzahlenprojekt von Vorarbeiten vergangener Projekte profitiert. Genauso wesentlich war aber auch die Wahl eines agilen Projektvorgehens mit einem zentralen Projektteam und ein klarer Fokus auf die erfolgsrelevanten Steuerungskennzahlen, die die Unternehmensstrategie unterstützen.
Frau Hennies, SAP ist ein großer Vorreiter, wenn es um die Bereitstellung von innovativen und integrierten Software-Lösungen geht. Andererseits liegt der Reifegrad von neuen Software-Releases und Features noch nicht durchgängig bei 100%. Auf welche Stolpersteine sind Sie bei der Implementierung der Lösung gestoßen und wie sind Sie damit umgegangen?
Marianne Hennies: Die SAP Analytics Cloud hatte tatsächlich zum Zeitpunkt der Einführung noch keinen 100%igen Reifegrad. Dies erkannte man daran, dass sukzessive neue Funktionalitäten eingeführt und weiterentwickelt wurden, zunächst im zweiwöchigen und seit diesem Jahr im quartalsweisen Rhythmus.
Wir entschieden uns direkt für die Implementierung einer Live-Daten-Verbindung. Denn auch wenn diese zum Zeitpunkt der Einführung noch nicht alle Funktionalitäten in der SAC unterstützte, kristallisierte sie sich doch als zukunftsträchtigere Lösung heraus.
Viele Punkte auf der SAC-Entwicklungs-Roadmap bezogen sich auf den Ausbau der Live-Daten-Verbindung. Daher mussten wir in unserem Projekt immer die neuesten Entwicklungen und die sich ändernden Rahmenbedingungen im Auge behalten, z.B. um ein Single Sign-On einzurichten. Das Single Sign-On war zunächst nur für den Zugriff mit dem Webbrowser verfügbar. Aktuell arbeiten wir noch daran, ein Single Sign-On in der SAC-Mobilfunkanwendung anzubieten, da hierfür ein neuer Verbindungstyp konfiguriert werden muss.
Unser Zielbild war von Beginn des Projektes an, dass unsere Geschäftsführer weltweit, mobil über die Live-Datenanbindung, auf die SAC-Berichte zugreifen können. Unser Auftragseingang wird im BW stündlich aktualisiert. Wir erzielen damit in der SAC App quasi eine Live-Berichterstattung. Umso wichtiger ist dabei natürlich, dass der Zugriff schnell und einfach über ein Single Sign-On erfolgt.
Um uns hier zukunftsorientiert aufzustellen, haben wir in unserer Controlling-Funktion ein kleines BI-Team aufgebaut, dass das BW/4HANA und die SAP Analytics Cloud modelliert, testiert und betreut. Wir gehören nach wie vor in einigen Funktionalitäten zu den ersten Anwendern.
Herr Bätz, wie stellen Sie sicher, dass diese Stolpersteine nicht den generellen Projekterfolg gefährden?
Alexander Bätz: Naja, letztlich ist diesen tatsächlichen Herausforderungen nur durch ein gewisses Maß an Antizipation, seriösem Testmanagement und Agilität im Projektvorgehen zu begegnen. Man muss bei einer Public Cloud-basierten Softwarelösung mit einer hohen technischen Integration in ein SAP BW-System sowohl die Produkt-Roadmap mit ihren Updates als auch die Durchführung von produktivnahen Regressionstests im Blick behalten.
Hier sollte bewusst die Flexibilität gewahrt bleiben, gegebenenfalls Features für einen moderaten Zeitraum in der Außensicht zurückzustellen, um diese tatsächlich erst nach erfolgreichem Test und Vertrauen in deren Usability frei zu geben. Denn letztlich soll die Anwendung von Anfang an intuitiv, performant und stabil funktionieren und nicht schon beim Start haken. Hier hat sich im Rahmen des Projektvorgehens sicher auch ein gewisses Maß an Geduld ausgezahlt.
Frau Hennies, wenn Sie das Projekt einmal Review passieren lassen. Worüber haben Sie sich am meisten gefreut?
Marianne Hennies: Ein erfolgreiches Projekt basiert auf einem erfolgreichen Projektteam. Wir haben auf unserer Seite junge Kolleginnen und Kollegen in das Projekt eingebunden und von Seiten der msg treorbis ein sehr erfahrenes Projektteam zur Seite gestellt bekommen. In vielen Etappen unseres Projektes waren wir ein sehr agiler Kunde. Und genau diese Kombination aus Erfahrung und Veränderungsbereitschaft hat uns in diesem Projekt auf einem sehr innovativen Kurs gehalten.
Frau Denecke, abschließend noch eine Frage. Wenn Sie auf die nächsten 5 Jahre schauen, was sind die 3 wesentlichen Herausforderungen, wenn es um die digitale Transformation geht?
Silke Denecke: Eine Herausforderung in den kommenden 5 Jahren sind die Kunden- und Marktschnittstellen und die Datenqualität. Wir müssen stetig bewerten, welche Anforderungen unsere Kunden und der Markt in Bezug auf digitale Lösungen an uns stellen und ob es Änderungen gibt, die das Geschäftsmodell der Refratechnik maßgeblich beeinflussen können. Wie schnell muss sich die Refratechnik auch intern weiterentwickeln, um mit dem Wettbewerb mithalten zu können? Dies sind Fragen, die wir uns in den nächsten Monaten und Jahren kontinuierlich stellen müssen. Sehr wichtig ist auch, wie wir es schaffen, zukünftig eine hohe Datenqualität zu gewährleisten. Ohne saubere Daten nützen die besten Systeme nichts. Und das ist für einen internationalen Konzern, wie wir es sind, schon eine ziemlich große Herausforderung.
Ein weiteres Thema, das zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die IT-Sicherheit. Cyberangriffe und ein damit einhergehender Verlust von Daten oder IT-Ausfälle stellen eine ernstzunehmende Gefahr dar. Auch hier müssen wir kontinuierlich sicherstellen, dass unsere Systeme und Daten sicher sind.
Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist, dass sich Führung mit der digitalen Transformation verändert. Durch die gestiegene Komplexität und Dynamik erfordert die digitale Welt neue Herangehensweisen an Projekte und damit auch zusätzliche Kompetenzen von Führungskräften. Diese Kompetenzen weiterzuentwickeln und auch neue und agile Arbeitsansätze zu integrieren, stellt eine weitere Herausforderung in den kommenden Jahren dar.
Herr Bätz, auch Ihre Einschätzung ist gefragt.
Alexander Bätz: Ich denke Refratechnik besitzt insgesamt eine sehr hohe Bereitschaft, sich auf innovative Tools und Softwarelösungen einzulassen. Dies ist die Grundvoraussetzung, um solche Lösungen entsprechend in der Organisation zu verankern. Aber so fancy und smart zukünftige Lösungen auch sein mögen, folgenden Kernaspekt müssen Sie immer wieder im Auge behalten: Unternehmenssteuerung ist Zahlensteuerung und das heißt, dass die Konsistenz in der Datenqualität durchgängig gewährleistet werden muss.
Dies umfasst sowohl die Klarheit bei der Auswahl der richtigen Steuerungskennzahlen als auch die Konsistenz einer durchgängigen Berechnung. Haben diese Themen die entsprechende Sichtbarkeit und Wertigkeit in der Organisation, können Kunden auf qualitativ hochwertigen Daten dann natürlich auch moderne Szenarien mit spitzfindigen Analytics-Features, z.B. Predictive- oder AI-Features, aufsetzen.