Intelligent Heizen mit Big Data und KI

Energie-Einsparpotenziale identifizieren und Störungen frühzeitig erkennen: Mithilfe automatisierter Datananalyse hat msg dem Energiedienstleister Techem bei der Realisierung dieses Ziels unterstützt.

Wie lässt sich der Energieverbrauch senken? Diese Frage beschäftigt Politik, Wirtschaft und Privathaushalte angesichts stark gestiegener Preise für Öl und Gas und dringend notwendiger CO₂-Reduktionen gleichermaßen. Der erste Schritt auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz ist eine höhere Transparenz über die Wärmeerzeugung und die Wärmeverbräuche – und genau dies hat sich die Techem zum Ziel gemacht. Durch automatisierte Analysen der Daten aus Wärmeerzeugungsanlagen in Mehrfamilien- und Geschäftsimmobilien sollen nicht nur Einsparpotenziale identifiziert, sondern auch Störungen frühzeitig erkannt werden. Für die technische Umsetzung dieses Ziels arbeitete Techem von 2020 bis 2022 mit Expertinnen und Experten von msg zusammen.

Kunde

Die Techem GmbH ist ein weltweit tätiger Energiedienstleister für die Immobilienwirtschaft und private Wohnungseigentümer mit Hauptsitz in Eschborn. Neben Energieabrechnungen für Mietswohnungen bietet Techem auch das Energiemanagement von Immobilien an. So übernimmt das Tochterunternehmen Techem Solutions (TS) für seine Kundinnen und Kunden die Planung, Errichtung, Finanzierung und den Betrieb von Wärmeerzeugungsanlagen (WEA) sowie die Abrechnung der jährlichen Energiekosten.

Herausforderung

Techem verfolgt das Ziel, Energieverbräuche in Gebäuden durch eine höhere, datengetriebene Transparenz sowohl der Wärmeerzeugung als auch der Wärmeverbräuche zu reduzieren und so Kundinnen und Kunden Kosteneinsparungen und eine Minderung von CO₂-Emissionen zu ermöglichen. Eine digitale Überwachung und Optimierung von Wärmeerzeugungsanlagen hat laut Studien des EBZ-Forschungsprojekts „BaltBest“ das Potenzial, erhebliche Einsparungen zu erzielen1 . Nach initialen eigenen Untersuchungen hat sich Techem daher entschlossen, einen Großversuch mit 1.200 WEA im eigenen Bestand durchzuführen und diese mit intelligenter Messtechnik auszustatten.

Um zu analysieren, welche konkreten Effizienzsteigerungen sich durch eine digital überwachte WEA erreichen ließen, mussten jedoch deutlich mehr Daten als nur der jährliche Verbrauch erfasst werden. Zudem sollte die Verarbeitung der großen Datenmassen statt wie bisher im Rechenzentrum künftig flexibel und skalierbar in der Cloud stattfinden. Techem entschied sich daher für die Realisierung einer eigenen Lösung auf Microsofts Azure Cloud. Die gewählte Big-Data-fähige Datenplattform sollte parallel auch in weiteren Anwendungsfällen zum Einsatz kommen. Auf der Suche nach einem unterstützenden Systemintegrationsunternehmen wurde Roland Werner, Head of IT bei Techem, auf msg aufmerksam. „In den Gesprächen wurde deutlich, dass die msg-Expertinnen und -Experten eine exzellente Mischung aus technischen Fähigkeiten und Domänenwissen mitbringen“, so Werner. Besonders positiv fiel zudem ein Referenzprojekt von msg auf, in dem es ebenfalls um Data Science in der Heizungs- und Energiebranche ging.

Lösung

Im ersten Schritt entwickelten msg und Techem gemeinsam eine technische Zielarchitektur. Anschließend war es nötig, die Daten aus einem initialen Pilot-Leitstand in die Azure Cloud zu migrieren und ein Datenmodell aufzubauen. Die Messdaten wurden zusammen mit den Stammdaten in eine Azure Cloud transferiert und im Azure Data Explorer gespeichert, einer auf die Speicherung und Analyse von Telemetriedaten optimierten Datenbank. In einem Team bestehend aus Techem- und msg-Mitarbeitenden wurden die Messdaten mittels Data Science und KI-Methoden auf Störungen und Potenziale für Effizienzsteigerungen untersucht. Für die Darstellung der Ergebnisse entwickelte das Team zunächst einen internen Leitstand auf Power-BI-Basis, dem Business Intelligence Tool von Microsoft. Nach etwa einem halben Jahr stand bereits der erste Prototyp, den die für die Betriebsführung zuständigen Mitarbeitenden auch schon zu nutzen begannen.

Anschließend ging es darum, diese Instrumente auch für die Kundinnen und Kunden nutzbar zu machen. „Wir haben in Kundengesprächen festgestellt, dass die Transparenz über die Heizanlagen auch für sie und ihre Mieterinnen und Mieter interessant wäre“, erzählt Werner. Deshalb bauten Techem und msg im nächsten Schritt eine Web-Applikation auf, bei der sich Immobilienkonzerne einloggen und nahezu in Echtzeit über den aktuellen Stand der WEA informieren können. Dieses Kundenportal zeigt hierbei auch die unterjährigen Primärenergieverbräuche und CO₂-Emissionen für die Immobilien an.

Die Vorteile:

  • Automatisierte Identifikation der Potenziale für eine Reduktion der Primärenergieverbräuche und der CO2-Emissionen
  • Zeitnahe Erkennung von Störungen der Wärmeerzeugungsanlagen

Nutzen

Mittlerweile sind die über 1.300 Wärmeerzeugungsanlagen in Mehrfamilien- und Geschäftsimmobilien mit den smarten Überwachungsinstrumenten ausgestattet und konnten sich über zwei Winter beweisen. Früher fuhren Techem-Mitarbeitende oder externe Partner periodisch oder auf Abruf zu den Anlagen und versuchten diese so gut wie möglich einzustellen. Störungen wurden oft erst mit Verzögerung, etwa durch die Bewohnerinnen und Bewohner, erkannt. Jetzt dienen die Messtechnik und die gemeinsam mit msg aufgebauten Applikationen in der Azure Cloud dazu, die Daten der WEA auf Potenzialverbesserungen und Störungen automatisiert und kontinuierlich zu analysieren. „So wissen wir ganz genau über die Wärmeerzeugung im Keller Bescheid, zum Beispiel, ob die Anlage richtig eingestellt ist und zuverlässig funktioniert“, betont Roland Werner. „Ist eine Heizkurve falsch eingestellt? Gibt es Betriebsstörungen in der Warmwasserbereitung? Durch diese Transparenz können wir einen besseren Job machen und unsere Kundinnen und Kunden begeistern.“

Optimierungen oder Reparaturen können nun deutlich schneller eingeleitet werden, zumeist sogar bevor die Bewohnerinnen und Bewohner die Störungen selbst bemerken. Und mehr noch: Durch das Kundenportal ist es sogar möglich, dass sich die Vermieterinnen und Vermieter oder Wohnungsgesellschaften selbst über Verbesserungspotenziale ihrer Heizanlagen informieren. In den meisten Fällen führen die Maßnahmen zu einer Energieeinsparung, was angesichts der massiv gestiegen Energiepreise zu einer wichtigen Kostenreduktion führt. Gleichzeitig lassen sich durch die Maßnahmen bei mit fossilen Energieträgern betriebenen Anlagen die CO₂-Emissionen senken.