
Das NATO Architecture Framework (NAF)
„Enterprise Architecture“ im Militärkontext
Du bist für die msg unter anderem als Architekt tätig, baust allerdings keine Häuser. Was kann man sich unter Enterprise Architecture im IT-Bereich vorstellen?
Enterprise Architecture beschreibt die ganzheitliche Gestaltung oder Darstellung einer IT-Landschaft, die zugrundeliegenden IT-Prozesse und deren Abhängigkeiten oder Zusammenspiel mit der Unternehmensstruktur. Durch Koordination unterschiedlicher Aspekte der bestehenden und geplanten IT-Architektur in Anwendungslandschaften kann sichergestellt werden, dass IT-Systeme/IT-Projekte mit den Geschäftszielen abgestimmt sind und der Auftraggeber einen Mehrwert für das Geschäft erzielt. Je nach Auftragsart kann vorweg eine Anforderungsanalyse und eine Konzeptionsphase durchgeführt werden. Der zuvor genannte Auftraggeber selbst kann ein privatwirtschaftliches Unternehmen oder eine Behörde sein.
Erweitert wird die Enterprise Architecture durch das Management, welches im Kern die Kommunikation mit dem Kunden bestimmt. Ein Kommunikations-Ansatz muss beim Kunden implementiert werden, um den Ist- und ggf. den Soll-Zustand vollständig und zutreffend darstellen zu können. Grundsätzlich ist dem Management auch die beratende Tätigkeit zuzuordnen.
Im militärischen Umfeld nutzt ihr das Nato Architecture Framework (NAF). Was kann man sich darunter vorstellen, wo sind Unterschiede oder Gemeinsamkeiten zu „normalen“ Frameworks und wie sieht deine Arbeit aus?
Das Nato Architecture Framework stellt einen Standard für die Entwicklung und Beschreibung von Architekturen für den militärischen Einsatz bereit. Die nationale Erweiterung ist bekannt als ADMBw (Architekturdatenmodell der Bundeswehr). Das Zusammenspiel von ADMBw@NAFv4 ergibt ein Rahmenwerk das bekannte NAF-Gitter mit insgesamt sechs Themenfeldern. Diese ermöglichen eine konzentrierte Ansicht auf das Zusammenspiel von einem Themenbereich (Zeilen) und einem dort verorteten Interessensaspekt (Spalten). Sie bestimmen die inhaltlichen Betrachtungsgegenstände.

ADMBw@NAFv4 - Das Rahmenwerk in Bildern (Quelle https://the-modelling-experts.de/resources/NAFv4-in-Bildern.pdf)
Die Konzeptsichten stellen die strategische Zielsetzung, einschließlich für den Kontext wichtige Auflagen, Vorgaben und Rahmenbedingungen, sowie das eigentliche strategische Konzept dar. Das Themenfeld Servicespezifikationen erweitert eine standardisierte Bibliothek, indem eine Service-Oriented Architecture aufgebaut wird, die die Funktionen, Eigenschaften, Schnittstellen und Interaktionen abbildet. Analyse und Optimierung von Prozessen, Ablauforganisationen und Austauschbeziehungen im Bezug auf den Auftrag sind Teil des Themenfelds „Logische Spezifikationen“. Auf der Ebene der Physischen Spezifikationen wird hingegen die Analyse und Optimierung von personellen und materiellen Ressourcen zur Unterstützung von Prozessen und zur Bereitstellung von Fähigkeiten durchgeführt. Das Anforderungsmanagement dient als Schnittstelle zum CPM bzw. BPM der Bundeswehr, bei der Anforderungen erfasst und deren Realisierungszyklus innerhalb der operationellen und physischen Sichten verfolgt werden. Das Architektur-Themenfeld dient schließlich der Beschreibung und Nutzung der Architektur.
Mithilfe dieser Themenfelder wird primär die übergeordneten Bereiche IT-Strategiearchitektur, Geschäftsarchitektur, IT-Servicearchitektur und IT-Systemarchitektur an verschiedene Interessensgruppen kommuniziert.
NAF und ADMBw werden stetig weiterentwickelt und basieren auf etablierten Methoden und Notationssprachen wie UML und BPMN sowie den Frameworks TOGAF und UAF. Das Themenfeld „Logische Spezifikationen“ wird beispielsweise durch Zustände, Sequenzen und Use Cases beschrieben, die aus der Unified Modeling Language (UML) abgeleitet sind. Zusätzlich wird ein Interessensaspekt vollständig mithilfe von BPM modelliert. Das ADMBw@NAFv4 vereint viele internationale Notationsstandards und erweitert diese für den militärischen Kontext (öffentliche Verwaltung), sodass die grundsätzlichen Aufgaben im Vergleich zum generellen Enterprise Architecture Management ähnlich aufgebaut sind.
Meine Arbeit entspricht im Wesentlichen dem Enterprise Architecture Management, jedoch mit einer militärischen Ausrichtung. Die gesamte Beauftragung wird in zwei Hauptpakete unterteilt: die operationelle Architektur sowie die Service- und Systemarchitektur. Für diese Pakete sind methodische Sichten vorgegeben, die gegebenenfalls vom Architekten fachgerecht erweitert werden müssen. Die meisten Informationen werden durch Dokumentationen und Workshops erarbeitet und in verschiedenen Sichten festgehalten. In regelmäßigen Austauschterminen werden die Kunden beratend auf etwaige Fehler oder kritische Zustände hingewiesen. Je nach Umfang des Auftrags werden zudem Prüftermine abgehalten.
Welchen Mehrwert generiert die Verwendung des Nato Architecture Framework und wie kombinierst du diesen Nutzen mit deinen Berateraufgaben.
Das Framework ermöglicht ein Architecture by Design-Ansatz, ein Vorgehensmodell zur Gestaltung von IT-Architekturen der über den ganzen Projektzeitraum hinweg berücksichtigt wird. Durch die enge Zusammenarbeit von IT-Experten, dem Projektteam und dem NAF-Architekten, sowie den gleichzeitigen Zugang zu allen relevanten Projektinformationen und den sachgemäßen Unternehmenszielen, können Anforderungen präzise ermittelt, IT-Systeme und operationelle Aufgaben im Detail überprüft und kritische Faktoren identifiziert werden. Darüber hinaus werden redundante sowie nicht resiliente Strukturen und Prozesse sichtbar. Mithilfe der ganzheitlichen Perspektive auf das Projekt und den dazugehörigen Konzentrationssichten kann der Kunde Optimierungsprozesse ansteuern, Kostenschätzungen und Risikobewertungen durchführen. Im häufigsten Fall wird das Ergebnis dem unternehmensinternen Genehmigungsverfahren zur Nutzung als Bewertungsgrundlage angehängt. Dem Kunden liegt in der Regel ein Gesamtkonstrukt seiner Fähigkeitslage vor, das ebenfalls als NAF-Modell konzipiert ist, in das die erarbeitete NAF-Architektur integriert wird. Die Zusammenführung ermöglicht eine neue und ganzheitliche Bewertungsgrundlage für zukünftige Projekte und kann als aussagekräftiger Auszug bereitgestellt werden.
Was zeichnet die msg in diesem Bereich aus und wie könnt ihr Kunden bei ihren Vorhaben unterstützen?
Als einer der führenden IT-Dienstleister und Systemintegratoren in Deutschland bietet msg einen ganzheitlichen Architekturansatz, der durch unsere erfahrenen Architekten unterstützt wird. Darüber hinaus stellen wir in den verschiedenen Architekturdomänen, wie der IT-Systemarchitektur und IT-Servicearchitektur hochqualifizierte Experten, darunter Entwickler und Spezialisten, zur Verfügung. Dadurch sind wir in der Lage, alle Herausforderungen unserer Kunden aus einer Hand zu lösen und maßgeschneiderte, integrierte Lösungen anzubieten. Als verlässlicher Partner gestalten wir so aktiv die Zukunft der Verteidigungs-, Luft- und Raumfahrtbranche – national wie international.
Der Geschäftsbereich Defense & Aerospace verfügt dabei über ein hochqualifiziertes Team an NAF-Architekten, die teilweise auch an der Entwicklung des NAF-Modells beteiligt waren. Dass ich als Architekt im Spotlight interviewt werde wird den Kollegen sicherlich nicht gerecht, da wir als Team gemeinsam nach Wissen streben und unseren Wissensstand kontinuierlich konsolidieren. Deshalb hätte jeder von Ihnen dieses Interview gleichermaßen führen können.
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Alexander Garves ist IT-Consultant im Geschäftsbereich Defense & Aerospace der msg. Als versierter Berater in den Bereichen IT-Architekturmanagement, Anforderungsmanagement und IT-Systemintegration gestaltet er IT-Lösungen und schafft ein tiefgreifendes Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Geschäftsanforderungen und der IT.