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Den digitalen Wandel vorantreiben

Rückblick auf die Smart Country Convention 2024

Rückblick auf die Smart Country Convention 2024

Vom 15. bis 17. Oktober 2024 fand die Smart Country Convention in Berlin statt, wo sich alles um die digitale Transformation der deutschen Verwaltung drehte. Gemeinsam mit Behörden auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene, Verwaltung sowie öffentlichen Unternehmen, Institutionen und Organisationen diskutierten wir mutige Ideen, smarte Konzepte und innovative Lösungen für die digitale Zukunft des öffentlichen Sektors.

An unserem Stand gaben wir Impulse zu verschiedenen Themen wie Künstliche Intelligenz, synthetische Daten und innovative Ansätze zur Bürgerbeteiligung. Besonders großes Interesse weckten wir mit unserem Vortrag zur BundID und EUDI-Wallet, der so gut ankam, dass wir zusätzliche Slots anbieten durften.

Innovation hautnah: Unser Reallabor in Berlin

Ein besonderes Highlight war die Präsentation unseres Reallabors, in dem wir den Use Case einer Hitzekarte mithilfe unserer koda.city-Datenplattform vorstellten. Diese Lösung demonstrierte eindrucksvoll, wie datenbasierte Anwendungen Städte resilienter und handlungsfähiger machen können.

Abb. 1: Helmut Lämmermeier

Abb. 1: Helmut Lämmermeier

Unsere Geschäftsbereichsleitung auf der Bühne

Helmut Lämmermeier begeisterte auf der Arena-Stage mit einer spannenden Keynote, in der er die Frage behandelte, warum Deutschland in der Digitalisierung der Verwaltung immer weiter zurückfällt. Er betonte, wie eine enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Kommunen den aktuellen Stillstand überwinden könnte.

Auf der NEGZ-Bühne eröffnete Werner Achtert eine spannende Diskussion mit Prof. Dr. Kristina Lemmer; Professorin für Verwaltungswissenschaft an der Hochschule Bremen, Moritz Ahlers; FITKO und Thilak Mahendran; Agora Digitale Transformation. Mit dem Thema „Mehr Bürokratie entsteht durch mehr Regulierung – schuld sind nicht die Bürokraten!“ setzte er wertvolle Impulse, die Sie hier auch nachlesen können.

Vielen Dank und bis zum nächsten Jahr!

Ein herzliches Dankeschön an alle Besucherinnen und Besucher, die mit uns diskutiert haben, sowie an die Organisatoren der SCCON24 für die exzellente Planung. Wir freuen uns schon auf das nächste Jahr!

NEGZ-Impuls, Werner Achtert

Mehr Bürokratie entsteht durch mehr Regulierung – schuld sind nicht die Bürokraten

Bürokratie wird in der öffentlichen Diskussion für viele Ärgernisse im Alltag von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen verantwortlich gemacht. Politiker versprechen daher im Vorfeld von Wahlen gerne, Maßnahmen zum Bürokratieabbau zu ergreifen bzw. in Notlagen unbürokratische Hilfe zu leisten. Bürokratie ist offenbar ein Reizwort für viele Menschen.

Nach Max Weber ist Bürokratie die idealtypische Form einer legalen und rationalen Herrschaftsausübung[1]. Sie basiert u.a. auf Regelgebundenheit, Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen, klar definierten Zuständigkeiten und der Neutralität des Verwaltungshandelns. In einer Demokratie dient Bürokratie der Umsetzung politischer Entscheidungen nach rechtstaatlichen Regeln. Bürokratische Strukturen schützen den Bürger also vor willkürlicher Ausübung der Staatsgewalt. Wohl niemand von uns möchte in einem in diesem Sinne „unbürokratischen“ Staat leben. Woher kommt also das Klagen über Bürokratie?

Im Alltag werden wir in der Tat mit immer mehr Bürokratie konfrontiert. Dies liegt zu einem großen Teil daran, dass der Staat in immer mehr Lebensbereiche eingreift.

Abb. 2: Werner Achtert

Abb. 2: Werner Achtert

Die Regelungsdichte steigt kontinuierlich[2] und gleichzeitig wird unser Rechtssystem durch die Vielzahl von Abhängigkeiten zwischen Gesetzen immer komplizierter und undurchschaubarer - für den Bürger, aber auch die Verwaltung selbst[3]. Ein Beispiel sind die mittlerweile kaum mehr überschaubaren Prozesse und Zuständigkeiten im Bereich der Sozialleistungen[4]. Die Ausweitung staatlicher Aufgaben geschieht nicht aus Willkür, sie ist vielmehr eine Folge politischer Entscheidungen, die auf einer veränderten Erwartungshaltung gegenüber dem Staat basieren. Der Staat soll immer mehr Leistungen erbringen und dem Bürger Risiken abnehmen. Das geht nur mit mehr Eingriffen, mehr Regulierung, mehr Daten über Bürger und Unternehmen, mehr Verwaltungsprozessen und damit gefühlt mit mehr Bürokratie.

Beispiele für steigende Bürokratielasten für Unternehmen sind die Regelungen für Arbeitnehmerüberlassung und Scheinselbständigkeit, aber auch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Und mit der Entwaldungsverordnung erscheint das nächste Bürokratiemonster am Horizont[5]. Die Intention hinter all diesen Regelungen ist mit Sicherheit gut gemeint, aber das Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen ist nicht immer zu Ende gedacht.

Neben der schieren Menge an Regelungen bestehen erhebliche Defizite in deren praktischer Umsetzung innerhalb der Verwaltungsprozesse. Unsere föderalen Entscheidungsprozesse passen nicht zu einer modernen, mobilen Gesellschaft. Groteskes Beispiel: Bei einem Umzug in ein anderes Bundesland werden die Daten eines Steuerpflichtigen in einem Finanzamt auf Papier ausgedruckt und in einem anderen Finanzamt manuell (!) neu erfasst. Die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen scheitert noch viel zu oft an fehlenden Standards sowie langwierigen Abstimmungsprozessen zwischen den Ressorts und Verwaltungsebenen.

Neben dem Zuwachs der Regelungsdichte neigen Bürokratien grundsätzlich dazu, sich auszudehnen, obwohl ihre Aufgaben gleichbleiben. Das Parkinsonsche Gesetz zum Bürokratiewachstum lautet:  „Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.“ [6] Die Zunahme der Mitarbeitenden, gerade in den Bundesministerien aber auch in den meisten anderen Behörden, scheint dies zu bestätigen.[7][8]

In Summe sind also weniger die bürokratischen Prinzipien das Problem, sondern vielmehr die rasant steigende Zahl staatlicher Aufgaben und die ineffiziente Umsetzung derselben.

Für den Bürokratieabbau sollte an erster Stelle eine ehrliche Zweckkritik seitens der Politik und führender Stellen der politischen Verwaltung stehen, um zu hinterfragen, ob alle aktuellen staatlichen Eingriffe und Aufgaben wirklich nötig sind und tatsächlichen Nutzen stiften. Im zweiten Schritt sollte mit einer Vollzugskritik die Effizienz und Nutzerfreundlichkeit der Verwaltungsabläufe zur Umsetzung der erforderlichen staatlichen Aufgaben verbessert werden. Auf dieser Basis kann die Digitalisierung ansetzen und neue Formen der Aufgabenwahrnehmung und Zusammenarbeit etablieren, anstatt die Abläufe aus der analogen Welt einfach elektronisch fortzuführen.

Der Nationale Normenkontrollrat spricht der Bundesregierung im aktuellen Jahresbericht[9] ein verhaltenes Lob aus. Die Reduzierung der Schriftformerfordernisse im Bürokratieentlastungsgesetz IV[10] ist eher halbherzig und die Reduzierung der Aufbewahrungsfristen bringt keine nennenswerte Entlastung.

Viel wichtiger wäre die Vereinheitlichung grundlegender Rechtsbegriffe, die der Normenkontrollrat  schon 2020 exemplarisch am Beispiel des Einkommensbegriff gefordert hat[11].

In Summe sind die Bürokratielasten in Deutschland immer noch zu hoch. Lutz Goebel, der Vorsitzende des Normenkontrollrats, bringt das auf den Punkt: "Die Bürokratielasten sind wahnsinnig hoch. Deutschland ist und bleibt ein kompliziertes Land, das sich eingemauert hat in eine Vielzahl von Regeln und Verfahren." [12]

Der Abbau von Regulierung, das Optimieren von Verwaltungsprozessen und die Digitalisierung - das wäre ein echter Bürokratieabbau, der bei Unternehmen, Bürgerinnen und Bürgern spürbar ankommen würde.

Im freue mich auf den Austausch im Panel.