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Innovationen im Public Sector – Explore and Exploit

Impulsbeitrag von Patrick Brauckmann im Rahmen des Webinars „Zukunft Digital“ vom kommune.digital.forum

Im Rahmen des Webinars „Zukunft Digital“ vom kommune.digital.forum wurden mutige Ansätze und konkrete Beispiele für die Digitalisierung der Öffentlichen Verwaltung vorgestellt. Unser Kollege und Bereichsleiter für Portfoliomanagement und skalierbare Geschäftsmodelle, Patrick Brauckmann, zeigte dabei durch das Konzept „Explore and Exploit“, wie man Innovationen entdecken und in die Breite tragen kann.

 

Der Mut zur Innovation als Grundhaltung im öffentlichen Sektor

Es wurde heute bereits viel über Mut gesprochen – das zentrale Thema des Tages. Ich freue mich, dass wir uns diesem Thema widmen, denn Mut ist auch mein Herzensthema. Mut, neue Wege zu gehen, Dinge anders anzugehen und über das hinauszuwachsen, was wir bereits kennen und worin wir uns sicher fühlen. Für mich ist das Thema Innovation eng mit Mut verbunden. Innovation entsteht dort, wo wir die Komfortzone verlassen und mutig einen Schritt weiter gehen als wir es gewohnt sind.

Mut ist in meinen Augen eine Grundhaltung, die den öffentlichen Sektor weiterbringen kann. Warum konzentriere ich mich auf Innovation? Abgesehen davon, dass es mein Herzensthema ist, glaube ich, dass Innovation entscheidend ist, um die digitale Transformation zu beschleunigen. Wie eingangs bereits gesagt wurde, sind wir im internationalen Vergleich noch nicht dort, wo wir sein könnten. Die digitale Transformation im öffentlichen Dienst ist ein langwieriger, komplexer Prozess, der sich oft schwer greifen lässt.

Digitalisierung und die Herausforderungen der Transformation

Wir haben das Onlinezugangsgesetz (OZG) in Versionen 1.0 und 2.0, eine Registermodernisierung und viele andere Themen, die uns beschäftigen. Die Frage ist, wie wir durch Innovation diesen Wandel beschleunigen und mehr Tempo hineinbringen können. Das Konzept, das ich gern heranziehe, ist das „Explore and Exploit“. Es beschreibt, wie man Innovationen entdecken und anschließend in die Breite tragen kann.

Es geht darum, wie wir innovative Ansätze und Formate so nutzen können, dass möglichst viele davon profitieren. Eine Herausforderung dabei ist, dass Strukturen und Organisationen oft bestimmen, wie wir uns verhalten – und manchmal auch eine innovative Haltung unterdrücken. Der Druck zur Digitalisierung wächst jedoch stetig, auch die Erwartungen an benutzerfreundliche Services. Bürgerinnen und Bürger sind es gewohnt, bei Amazon mit einem Klick einzukaufen. Dass dies in der Verwaltung nicht genauso funktioniert, wird oft nicht verstanden.

Die Innovationspotenziale im öffentlichen Sektor sind groß, doch sie kollidieren oft mit der Komplexität und den vielen Hemmnissen, die bestehen. Es ist nicht möglich, Verwaltungsprozesse einfach in ein Amazon-ähnliches Format zu übertragen, wie beispielsweise die Führerscheinbeantragung. Wir müssen stattdessen erforschen, wie Innovationen die Transformation beschleunigen und anschließend skaliert, also in die Breite gebracht werden können.

Innovationsprozess in drei Schritten: Suche, Inkubation und Skalierung

Der Innovationsprozess umfasst drei Schritte: die Suche nach Innovationen, die Inkubation und schließlich die Skalierung. Zuerst geht es darum, neue Ideen und Fragestellungen zu sammeln und zu prüfen. Anschließend müssen wir diese Ideen in einem „Minimal Viable Product“ (MVP) oder Geschäftsmodell konkretisieren. Der Prozess ist wie ein Trichter – am Anfang kommen viele Ideen, und am Ende bleibt eine ausgewählte Lösung übrig, die skaliert werden kann. Statistiken zeigen, dass nur eine von zehn Ideen tatsächlich als skalierbare Lösung umgesetzt wird. Das ist es, was das Wort Explore umschreibt.

Besonders wichtig ist der Raum der Inkubation, also wie man diese ersten Ideen in Pilotprojekten erprobt. Die Suche nach Innovationsmöglichkeiten erfordert einen breiten Ansatz. Die „Experimentierklausel“, die Julia erwähnt hat, ist hier ein wertvolles Instrument. Sie erlaubt es, gesetzliche und verwaltungstechnische Vorgaben temporär zu lockern, um neue Ansätze und Technologien zu testen. Viele Verwaltungsmitarbeiter denken, sie könnten aus diesen Regelwerken nicht ausbrechen – doch die Experimentierklausel erlaubt genau dies.

In der Inkubationsphase werden Ideen in kleinen Projekten erprobt, um Risiken zu minimieren. Dafür braucht es Räume außerhalb der regulären Verwaltung, in denen man experimentieren und prototypische Lösungen entwickeln kann. Die Erkenntnisse dieser Pilotprojekte werden dann im nächsten Schritt skaliert und auf weitere Verwaltungen übertragen. So müssen Lösungen nicht immer wieder neu erfunden werden – das nennt man dann Exploit.

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die konsequente Skalierung. Wenn eine Lösung in einer Kommune funktioniert, sollte sie auch in anderen Regionen und Bundesländern umgesetzt werden können. Resa sagte es treffend: Die 16 Bundesländer sind bereits Labore, in denen Innovationen erprobt werden können. Es geht darum, erfolgreiche Lösungen über Bundesländergrenzen hinweg auszurollen und nicht 16-mal dieselbe Lösung neu zu entwickeln. Skalierung ist für mich eine Notwendigkeit.

Ohne eine breite Umsetzung bleibt die Digitalisierung fragmentiert, und es fehlt an Geschwindigkeit. In den über 10.000 Kommunen und zahlreichen Landkreisen sowie Bundesländern wird Digitalisierung immer wieder von Neuem begonnen. Das bremst den Fortschritt.

Innovationsprozess in drei Schritten: Suche, Inkubation und Skalierung

Kreative Freiräume und Mut zur Veränderung als Schlüssel zur Innovation

Für Innovation und Digitalisierung brauchen wir Mut und Freiräume, um bestehende Ansätze zu hinterfragen und neue Ideen zu entwickeln. Verschiedene Campusmodelle und Labs, wie der GovTech-Campus in Berlin, bieten solche inspirierenden Räume, in denen Verwaltung und Technologie zusammenarbeiten. Diese Labs ermöglichen es, im kreativen Austausch zu arbeiten und innovative Lösungen zu erdenken, die den Anforderungen an die digitale Verwaltung gerecht werden.

Mein Key Takeaway heute ist der Mut zur Veränderung. Verwaltung muss sich für Innovation und Flexibilität öffnen. Im Umgang mit Studierenden aus der Verwaltung erlebe ich oft, dass man sich zu sehr an bisherigen Praktiken festhält. Wir sollten stattdessen den Horizont erweitern, die Nutzerzentrierung und die Menschen in den Mittelpunkt stellen.

Innovation ist ein Beschleuniger der Digitalisierung – auch, wenn einmal etwas scheitert, lernen wir daraus und können es beim nächsten Mal besser machen.

 

Mehr Informationen zu dem Event „Zukunft Digital“ und den weiteren Referenten

Autorenprofil

Patrick Brauckmann

Bereichsleiter Public Sector

Als Politikwissenschaftler und Jurist hat sich Patrick Brauckmann der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung verschrieben. Dabei treiben ihn vor allem innovative Ansätze um, mit denen die Verwaltung ihrer Kundschaft, also allen Bürgerinnen und Bürgern, zeitgemäße Dienstleistungen anbieten kann. Sein Traum vom „One-Stop-Shop“ in der Verwaltung dürfte dabei für alle msg-Kolleginnen und -Kollegen leicht verständlich sein. In der Verwaltung gibt es hingegen noch viel Arbeit für uns.