Wie sieht es aus mit den heutigen Trendthemen wie beispielsweise Künstliche Intelligenz? Werden auch die profitieren?
Ja, natürlich. Neuronale Netze anzulernen ist nichts anderes als eine hoch komplexe Optimierungsaufgabe, auf einem sehr großen Raum an Variablen. Es ist eines der zentralen Probleme im Machine Learning, die Anlernphase einigermaßen überschaubar zu halten – denke an das Anlernen eines autonom fahrenden Fahrzeugs, das eigenständig je nach Verkehrssituation die unterschiedlichsten Entscheidungen treffen muss. Hier gibt es inzwischen eigene Forschungsaktivitäten, die sich genau damit beschäftigen, wie sich die Anlernphase mithilfe des Quantencomputings entscheidend beschleunigen lässt.
Du sagtest im ersten Teil des Interviews, dass Quantencomputing nicht direkt „die richtige“ Lösung liefert, sondern nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Ist das nicht ein massiver Nachteil?
Nun, zunächst ist es eben eine intrinsische Eigenschaft des Quantencomputings und einer der Gründe, warum Quantencomputing sicher nicht heutige Office-Anwendungen revolutionieren wird. Aber bei den erwähnten Problemstellungen überwiegt ab einer bestimmten Größenordnung der Vorteil der Parallelität bei weitem.
Das Element des Zufälligen ist jedoch auch ein hoch interessantes Merkmal des Quantencomputings, das sich in manchen Anwendungen sogar zum Vorteil wendet. Ich denke hier insbesondere an Simulationsrechnungen, beispielsweise für Materialverformung, Moleküldynamik, Verkehrsströme, Finanzmärkte, Wetter und Klima und vieles mehr. Mit unseren klassischen Simulationsverfahren besteht häufig das Problem, dass unsere „deterministischen“ Rechner keine echten Zufallszahlen kennen, sondern diese mithilfe mehr oder weniger geeigneter Algorithmen berechnen müssen. Diese Pseudozufallszahlen können die Simulationsergebnisse massiv verfälschen. Im Quantencomputing haben wir dagegen echte Zufallszahlen zur Verfügung, die in keiner Weise vorhersagbar sind – ein großer Vorteil in solchen Simulationsrechnungen (die im Übrigen ebenfalls wieder sehr komplex sein können, mit unzähligen Variablen und Beziehungen, also idealtypische Problemstellungen für Quantencomputer).