Warum wird PzM gerade in der öffentlichen Verwaltung immer wichtiger?
Volker Hindermann: Neben rechtlichen Vorgaben wie der E-Government-Gesetzgebung, welche die Optimierung aller Verwaltungsprozesse vorsieht, sind der Paradigmenwechsel hin zur prozess- und serviceorientierten Organisation sowie die Notwendigkeit einer digitalen Transformation entscheidende Treiber. Die öffentliche Verwaltung versteht sich verstärkt als Dienstleister für die Bürgerinnen und Bürger und muss somit deren Bedürfnisse vermehrt in den Blick nehmen. An Leistungsempfängern ausgerichtete, output-orientierte Prozesse sind hierfür unabdingbar. Zudem dienen transparente sowie optimierte Prozesse als zentrale Wissensquelle sowie als Grundlage für erfolgreiche digitale Transformationsvorhaben – von der Anforderungserhebung bis hin zum Betrieb der IT-Fachverfahren.
Wie sollte PzM verfolgt werden, um den größtmöglichen Nutzen für Kunden und Kundinnen zu generieren?
Daniel Hammer: Auf strategischer Ebene ist es insbesondere wichtig, dass das PzM mit den übergreifenden Zielen der Verwaltungsorganisation im Einklang steht. Zum Beispiel sollten konkrete Prozessziele wie hohe Zufriedenheit unmittelbar aus den strategischen Zielen der Organisation abgeleitet werden. Auf operativer Ebene ist es essenziell, einen pragmatischen Ansatz zu verfolgen. Unter anderem gilt aus unserer Sicht: So viel Rollen- und Modellierungskonventionen wie nötig und so wenig wie möglich. Außerdem empfehlen wir, in PzM-Vorhaben zeitnah mit der eigentlichen Prozessarbeit – also Modellierungen, Optimierungen und Implementierungen – zu beginnen, damit Erfolge schnell sichtbar werden. Lange Grundsatzdiskussionen enden allzu oft mit Ernüchterung bis hin zu Ablehnung der sinnvollen Veränderungsmaßnahme.
Lange Grundsatzdiskussionen enden allzu oft mit Ernüchterung.
Welche Chancen ergeben sich durch PzM in der Öffentlichen Verwaltung?
Daniel Hammer: Neben der gesteigerten Zufriedenheit aller Verwaltungsnutzer und Verwaltungsnutzerinnen ergeben sich durch die Einführung von ganzheitlichen PzM auch viele interne Mehrwerte für unsere Auftraggeber und Auftraggeberinnen. Transparente Prozesse mit klaren Verantwortlichkeiten gewährleisten einen effizienten und zielführenden Ablauf über Bereichsgrenzen hinweg und dienen zudem als wichtige Basis für ein erfolgreiches Wissensmanagement.
Volker Hindermann: Beispielsweise können Prozesssteckbriefe und -modelle zur Konservierung von Wissen und zur Einarbeitung neuer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Form von Leitfäden eingesetzt werden. In einem innovativen PzM-Projekt haben wir zudem gemeinsam mit dem Kunden ein Prozessmodell zur Visualisierung einer Verwaltungsvorschrift erstellt – so wurden komplexe Sachverhalte deutlich greifbarer. Und nicht zuletzt schaffen Optimierungsvorhaben Freiraum für kreative und sinnstiftende Verwaltungsarbeit.
Was zeichnet ein erfolgreiches Prozessmanagementvorhaben aus, was sind wesentliche Faktoren?
Volker Hindermann: Zuallererst muss das Top-Management, also die Behördenleitung als Unterstützer des Vorhabens gewonnen werden. Weiterhin ist es unerlässlich, frühzeitig sämtliche relevanten Gremien, wie den Personalrat und Beauftragte – bspw. den Datenschutzbeauftragten – zu informieren und hinreichend einzubinden. Während des Vorhabens sind selbstverständlich die zeitlichen Ressourcen aller Beteiligten der entscheidende Faktor – in erfolgreichen PzM-Vorhaben erkennen jedoch die wichtigen Stakeholder dessen Mehrwert und sehen PzM nicht als zusätzliche Aufgabe, sondern als grundlegenden Rahmen an, welcher die Arbeit auf weite Sicht erleichtert. Optimalerweise wird die Erkenntnis verinnerlicht, dass PzM-Vorhaben nicht wie Projekte enden, sondern in der kontinuierlichen Reflektion, Pflege und Verbesserung der Prozesslandschaft münden.
Worin liegt der zentrale Mehrwert einer externen Begleitung eines solchen Vorhabens? Wie gehen wir dabei vor?
Volker Hindermann: In den PzM-Vorhaben bringen wir unsere zertifizierte Methoden- und Fachkenntnis, unsere Branchenkenntnis und den neutralen, kritischen „Blick von außen“ ein. Aufgrund unserer Projekterfahrungen auf allen Verwaltungsebenen können wir zum einen unsere Auftraggeber und Auftraggeberinnen früh für Herausforderungen und mögliche Stolpersteine sensibilisieren, zum anderen achten wir stark darauf, unsere Beratungsleistung an die Bedürfnisse und Situation unserer Kunden und Kundinnen anzupassen.
Daniel Hammer: Dazu führen wir eine Reifegradanalyse durch und verschaffen uns so einen strukturierten Überblick über die derzeitige Prozesslandschaft sowie über die Ziele unserer Auftraggeber und Auftraggeberinnen. Darauf aufbauend unterstützen wir u.a. gezielt bei dem Aufbau einer PzM-Organisation, bei der Erstellung von Konzepten, Handreichungen und Grundlagendokumenten, bei der Modellierung und Optimierung von Prozessen sowie bei der Etablierung eines prozessorientierten Steuerungssystems – samt Prozessleistungsindikatoren. Hierbei kommen nicht nur „klassische PzM-Methoden“ wie Fokusinterviews und Dokumentenanalysen zum Einsatz, sondern auch innovative Methoden wie Process Mining zur Erreichung höherer Prozesstransparenz. Auch Robotic Process Automation zur Beschleunigung und Vereinfachung von verschiedensten Verwaltungsabläufen kann ein erfolgversprechender Ansatz sein.
Mit innovativen Methoden wie Process Mining kann eine höhere Prozesstransparenz erreicht werden.
Bei welchen Herausforderungen unterstützen wir unsere Kunden und Kundinnen?
Daniel Hammer: Abgesehen von unserer fachlichen Arbeit leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Veränderungsmanagement, indem wir Projektergebnisse kommunizieren, Quick-Wins verwirklichen, Coachings und Methodentrainings durchführen und relevante Informationen für alle Personengruppen bereitstellen. So begleiten wir unsere Kunden und Kundinnen bei Ihrer größten Herausforderung, nämlich PzM nachhaltig und dauerhaft in ihrer Organisation zu verankern. Hierzu ist es unabdingbar, Überzeugungsarbeit zu leisten, Mehrwerte herauszustellen und dauerhaft für Transparenz zu sorgen.
Interviewpartner
Volker Hindermann
Volker Hindermann ist studierter Wirtschaftsinformatiker mit Spezialisierung auf den Themenkomplex Prozessmanagement. Er verantwortet im Public Sector die Abteilung Prozessmanagement, berät Behörden zu der vollen Bandbreite prozessorientierter Managementdisziplinen und ist Experte verschiedener Modellierungssprachen und -werkzeuge.
Daniel Hammer
ist promovierter Philosoph und Wirtschaftsingenieur. Als Senior Business Consultant der msg berät er unsere Kundinnen und Kunden auf Bundes- und Landesebene zu den Themen Prozessmanagement, IT-Servicemanagement und Organisationsentwicklung.