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Der Einsatz von Cloud-​IT-Services im Behördenumfeld wird kontrovers diskutiert. Im Fokus der Diskussionen stehen meist Aspekte des Datenschutzes. Außerdem werden in der Regel nur Standardanwendungen wie Workgroup-​ oder Dokumentenmanagement betrachtet. Doch wie müsste die Diskussion geführt werden, wenn Individualanwendungen betrachtet würden, die für Behörden geschäftskritisch sind?

 

 

Dieser Artikel leitet aus den unausweichlichen Beziehungen zwischen Behörden und IT-​Dienstleistern das notwendige Zusammenarbeitsmodell ab. Und stellt, darauf aufbauend, die Merkmale eines behördlichen Cloud-​IT-Service Providers im Unterschied zu einem kommerziellen Cloud-​IT-Service- Providers heraus.

Damit Behörden ihre gesetzlich festgeschriebenen Aufgaben erfüllen können, benötigen sie IT-​Unterstützung. Behördliche Anwendungen für spezifische Geschäftsprozesse, mit denen gesetzesrelevante Anforderungen umgesetzt werden können, sind in der Regel Individualanwendungen. Sie werden durch einen Software-​Provider bereitgestellt und – nach erfolgreicher Übernahme in einen IT-​Service – vom behördlichen IT-​Service- Provider produktiv betrieben. Das bedeutet: Software-​Provider und behördlicher IT-​Service-Provider müssen beispielsweise im Release-​ oder Problemmanagement eng zusammenarbeiten, um einen qualitativ hochwertigen IT-​Service gewährleisten zu können.

Bietet der behördliche IT-​Service-Provider auch IT-​Services für Entwicklung und Test an und werden diese vom Software-​ Provider angenommen, können sich Synergieeffekte ergeben.

 

 

Daher benötigt der Software-​Provider für die Entwicklung und Bereitstellung der behördlichen Anwendung auch entwicklungsund testbezogene IT-​Services. So kann unter anderem sichergestellt werden, dass im IT-​Service verbaute Infrastruktur-​ und Plattform-​ IT-​Services in Entwicklung, Test und Produktion identisch sind und somit potenzielle Fehler minimiert werden. In diesem Fall muss jedoch der behördliche IT-​Service-Provider nicht nur IT-​Services für die Behörde, sondern auch für den Software-​Provider in Form von IT-​Services für Entwicklung und Test bereitstellen.

Damit bedient der behördliche IT-​Service-Provider zwei Kundengruppen mit teils unterschiedlichen Anforderungen. Beide IT-​Dienstleister – Software-​Provider und behördlicher IT-​Service- Provider – müssen sich an der IT-​Strategie innerhalb der IT-​Governance der Behörde ausrichten. Dies betrifft insbesondere die einzusetzenden IT-​Infrastrukturen und -​Plattformen. Doch wo liegen nun die Herausforderungen für einen solchen behördlichen IT-​Service-Provider? Einerseits muss er – insbesondere in einem agilen Umfeld – schnell verfügbare Entwicklungs-​ und Testservices anbieten. Andererseits muss er aber im produktiven Umfeld einen stabilen und SLA-​gesicherten Betrieb der Individualanwendungen auf SaaS-​Ebene sicherstellen.

Genau diese gegensätzlichen Anforderungen kennzeichnen einen behördlichen IT-​Service-Provider. Er bietet zum einen eine Palette von Standard-​IT-Services für Entwicklungs-​ und Testumgebungen für den Software-​Provider, die vielfach abgerufen werden. Zum anderen stellt er Individualservices auf Applikationsebene (SaaS) für die Behörde zur Verfügung, die in der Regel nur einmal betrieben werden. All diese kundenorientierten IT-​Services beruhen auf denselben unterstützenden Plattformund Infrastrukturservices.

 

 

Im Rahmen einer cloud-​orientierten Organisation wird sich der behördliche IT-​Service-Provider für Services im Bereich IaaS und PaaS die Paradigmen einer Cloud-​Organisation zunutze machen. Für die behördlichen Individualservices auf SaaS-​Ebene, die in der Regel nur einmal als Service bereitgestellt werden, müssen die Mechanismen für die Übernahme und den Betrieb von Individualsoftware angewendet und im Cloud-​Kontext optimiert werden. Dies betrifft sowohl traditionell entwickelte Individualsoftware mit definierten Release-​Zyklen als auch agile Methoden wie DevOps mit gemischten Entwicklungs-​ und Betriebsteams. Bei Letzterem müssen Themen wie SLA-​Verantwortung oder die Einbettung in standardisierte ITSM-​Prozesse wie Incident Management oder Service-​Desk geklärt werden.

 

 

Die Struktur eines behördlichen IT-​Service-Providers kann sich dennoch an den Cloud-​Modellen kommerzieller Anbieter orientieren. Den Kern der Cloud-​Struktur bildet ein Servicekatalog, der alle IT-​Services auflistet die – im Idealfall über ein Self-​Service- Portal – bestellt werden können. Bereitgestellt werden die standardisierten IT-​Services über eine Cloud-​Managementplattform, die in der Ebene des Cloud-​Servicebetriebs die Komponenten der IT-​Services steuert. Eingebettet ist der Cloud-​Servicebetrieb in das IT-​Service-Management, das sich um die Serviceebene kümmert und die Schnittstelle zum Kunden und Anwender übernimmt. Dieses Modell funktioniert vollumfänglich für beide Kundengruppen, das heißt

  • für den Software-​Provider, der standardisierte IT-​Services im IaaS- und PaaS-​Umfeld für Entwicklungs-​ und Testumgebungen benötigt und
  • für die Behörde, für die der IT-​Service-Provider die gleichen standardisierten IT-​Services im IaaS- und PaaS-​Umfeld für den Aufbau der Produktivumgebung verwendet. Zusätzlich bringt der IT-​Service-Provider hier noch die Individualanwendung ein.

Welche Eigenschaften soll eine Cloud für Behörden besitzen, die einerseits standardisierte andererseits aber auch individuelle IT-​Services erbringt? Standardisierte IT-​Services können sich die folgenden Cloud-​Eigenschaften zunutze machen:

  • Nutzung eines Servicekatalogs, in dem die IT-​Services hinterlegt und beschrieben sind.
  • Globaler und universaler Zugang über Netzwerke.
  • Vollständige Selbstzuweisung (Bestellung, Verwaltung) von IT-​Services durch den Kunden über ein Self-​Service-Portal
  • Weitgehend automatisierte Bereitstellung, Änderung und Abbau von IT-​Services.
  • Flexible und elastische Nutzung von IT-​Ressourcen, die in einem Pool zur Verfügung gestellt werden
  • Bereitstellung unterschiedlicher Arbeitslasten durch Nutzung der Elastizität der Cloud
  • Verbrauchsgerechte Abrechnung der IT-​Services durch Messen der individuellen Nutzung auf Basis der hinterlegten Preismodelle

 

IT-​Services auf SaaS-​Ebene, bei denen es sich um behördliche Individualanwendungen handelt, werden in der Regel nur einmal bereitgestellt. Sie sind zwar im Servicekatalog des IT-​Service- Providers gelistet, können jedoch nicht über das Self-​Service- Portal bestellt werden. Denn diese nichtstandardisierten ITServices können nicht per Knopfdruck abgerufen, sondern müssen immer individuell konfiguriert und angepasst werden.

Als „dualer“ IT-​Service-Provider betreibt der behördliche IT-​Service-Provider neben standardisierten IT-​Services auch individuelle, für die Behörde maßgeschneiderte und durch Service-​Level-Agreements abgesicherte IT-​Services. Diese weitgefächerte Serviceerbringung ist letztlich der größte und wichtigste Vorteil einer behördlichen Cloud gegenüber kommerziellen Cloud-​Betreibern.

 

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