Unsere Nachhaltigkeitsexperten Ruth Geibel und Tobias Wellens beleuchten die Bedeutung nachhaltiger Digitalisierung, insbesondere im Public Sector. Nachhaltigkeit im digitalen Kontext umfasst sowohl die umweltfreundliche Gestaltung von IT-Technologien als auch deren Einsatz zur Förderung nachhaltiger Ziele. Dabei unterstützen wir unsere Kunden mit Reifegradmodellen und Analysen, um Digitalisierung und Nachhaltigkeit effizient zu verbinden.
Was bedeutet Nachhaltigkeit im Kontext Digitalisierung?
Nachhaltige Digitalisierung ist ein zentrales Thema unserer Zeit, da sie ökologische, ökonomische und gesellschaftliche Herausforderungen adressiert. Der explodierende Einsatz von IT-Ressourcen führt zu steigenden Umweltbelastungen und Kosten, welche Unternehmen und öffentliche Institutionen zunehmend unter Optimierungsdruck setzen.
Gleichzeitig wächst der regulatorische Druck: Politische Vorgaben wie die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs), die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und Anforderungen an ESG-Reporting fordern nachhaltige Lösungen. Auch die Vorgaben für eine nachhaltige Beschaffung der öffentlichen Verwaltung spielt eine zentrale Rolle, um den ökologischen Fußabdruck der IT-Landschaften zu reduzieren.
Nachhaltige Digitalisierung lässt sich aus zwei Perspektiven betrachten: Zum einen gilt es, digitale Technologien selbst nachhaltiger zu gestalten, beispielsweise durch energieeffiziente Hardware, ressourcenschonende Software und die Förderung der Kreislaufwirtschaft in der IT. Zum anderen können digitale Technologien gezielt für nachhaltige Zwecke genutzt werden, etwa zur Optimierung von Lieferketten, der Entwicklung klimafreundlicher Geschäftsmodelle oder der Förderung von Energieeffizienz. Beide Sichtweisen sind essenziell, um Digitalisierung mit Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen und eine lebenswerte Zukunft zu sichern.
Welche Bedeutung hat das Thema für den Public Sector?
Die nachhaltige Gestaltung von IT-Prozessen in der Softwareentwicklung spielt eine zunehmend wichtige Rolle für den Public Sector. Angesichts globaler Nachhaltigkeitsziele und wachsender regulatorischer Anforderungen sind eine ressourcenschonende IT-Strategie und die nachhaltigere Gestaltung von Softwareentwicklungsprozessen unerlässlich.
Dabei ergeben sich sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile: Durch eine effizientere Nutzung von Ressourcen und eine gesteigerte Energieeffizienz lassen sich Betriebskosten senken und gleichzeitig Umweltbelastungen reduzieren. Dies unterstützt nicht nur die Bestrebungen der öffentlichen Verwaltung hin zu mehr Nachhaltigkeit und Transformation im Sinne von Green IT, sondern stärkt auch die Wahrnehmung als Vorreiter in diesem Bereich. Zudem tragen nachhaltige IT-Praktiken dazu bei, die Vorgaben der nachhaltigen Beschaffung gemäß AVV-Klima zu erfüllen.
Wie sehen die Herausforderungen aus und gibt es bereits Lösungsansätze?
Eine Herausforderung liegt in der Balance zwischen Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz. Nachhaltige IT-Lösungen erfordern häufig initial höhere Investitionen, beispielsweise für energieeffiziente Hardware oder ressourceneffiziente Softwareentwicklungsmethoden. Zwar ergeben sich langfristig Einsparungen durch geringeren Energieverbrauch und optimierte Prozesse, jedoch stehen öffentliche Verwaltungen oft unter Budgetdruck und müssen kurzfristig Kosten minimieren.
Daher ist es essenziell, kostengünstige Analysen und fundierte Handlungsempfehlungen von Experten einzuholen. Diese ermöglichen eine realistische Einschätzung der Einsparpotenziale und eine strategische Planung, um nachhaltige IT-Lösungen wirtschaftlich sinnvoll und effizient umzusetzen.
Ein weiterer Kernpunkt ist die Sensibilisierung und Qualifikation von Mitarbeitenden. Nachhaltige IT erfordert ein Umdenken in Entwicklungs-, Beschaffungs- und Betriebsprozessen. Fehlendes Wissen über nachhaltige Technologien oder Widerstand gegen Veränderung können die Umsetzung ausbremsen. Deshalb ist es wichtig, gezielte Maßnahmen zur Weiterbildung und Bewusstseinsbildung zu ergreifen.
Workshops, Schulungen sowie leicht zugängliche Booklets und Unterlagen können dabei helfen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für nachhaltige IT-Praktiken zu sensibilisieren und ihnen praxisnahe Handlungsempfehlungen zu vermitteln. Durch eine kontinuierliche Wissensvermittlung kann sichergestellt werden, dass Nachhaltigkeitsziele effektiv in den Arbeitsalltag integriert und langfristig umgesetzt werden.
Könnt ihr uns einen Einblick in die Praxis geben?
Unsere Angebote resultieren auch aus einer Projekt-Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV), für die wir Leitfäden zum Green Coding erstellt haben. Die aus der Umweltpolitischen Digitalagenda des BMUV entstandene Community für Nachhaltige Digitalisierung hat seit ihrer Gründung eine beeindruckende Entwicklung genommen. Seit den ersten Schritten im Jahr 2021 (public magazin Ausgabe 2023-01, BMUV Community Nachhaltige Digitalisierung) ist die Community und das Wissen um nachhaltige Digitalisierung stark gewachsen.
Neben zahlreichen Veranstaltungen und Networking-Angeboten führte die Community zusammen mit unseren msg-Experten 2023 und 2024 jeweils eine sechs-teilige Workshopreihe zum Thema Green Coding durch. In diesen Skillvermittlungs-Workshops wurden theoretische und praktische Ansätze für ressourcenschonende Softwareentwicklung vermittelt. Die Erkenntnisse aus der Workshopreihe flossen in 11 Kapiteln auf insgesamt 51 Seiten zusammengefasst in das Green Coding Booklet ein. Die erst kürzlich aktualisierte Version behandelt zusätzlich die Themen Cloud sowie GenAI und enthält neueste Entwicklungen zum Blauen Engel.