GenAI in Unternehmen? Die Zeit ist jetzt!
Die rasante Entwicklung von generativer KI und Large Language Models hat eine neue Ära eingeläutet, die unsere Welt im Sturm erobert. Doch wie stark hat diese Revolution bereits die deutsche Unternehmenslandschaft erfasst? Im Standpunkte-Interview beleuchtet Mark-W. Schmidt, Leiter für KI bei msg, die Auswirkungen von GenAI auf die Wirtschaft und gibt Einblicke in die aktuelle msg-Studie zum Einsatz von GenAI.
Herr Schmidt, wie würden Sie die Bedeutung von GenAI für die Wirtschaft zusammenfassen?
Mark-W. Schmidt: GenAI hat in der Wirtschaftswelt eine immense Bedeutung erlangt. Insbesondere seit dem Launch des bekannten Open AI Chatbots ChatGPT im Herbst 2022 hat GenAI weltweit mehrere hundert Millionen Anwenderinnen und Anwender erreicht. Diese Technologie steigert nicht nur die Prozesseffizienz; sie eröffnet auch neue Wege für Datenanalyse, im Kundenservice und in der Entwicklung innovativer Lösungen.
Können Sie konkrete Beispiele dafür geben, wie Unternehmen von der Integration von GenAI profitieren?
Mark-W. Schmidt: Es gibt eine Fülle von Vorteilen: GenAI kann die Produktivität steigern, Kosten senken, die Qualitätssicherung verbessern und sogar die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle ermöglichen. Darüber hinaus können repetitive Aufgaben automatisiert werden und in Verbindung mit dem Architekturkonzept Retrieval Augmentation Generation (RAG) kann auch das Wissensmanagement revolutioniert werden. So haben Mitarbeitende die Möglichkeit, ihre Zeit für kreative und strategische Aufgaben zu nutzen. Das stärkt wiederum die Innovationskraft eines Unternehmens.
In der aktuellen Studie haben Sie den Einsatz von GenAI in deutschen Unternehmen untersucht. Was sind die wichtigsten Erkenntnisse?
Mark-W. Schmidt: Die Umfrage verdeutlicht zunächst einmal, dass generative KI in deutschen Unternehmen bereits branchenübergreifend genutzt wird. So kommt die Technologie in Summe bereits bei 82,1 Prozent der Befragten zumindest experimentell zum Einsatz. Nur eine kleine Minderheit von 6,4 Prozent gibt an, dass generative KI in ihrem Unternehmensumfeld bisher überhaupt keine Rolle spielt. Allerdings hat nur jedes vierte Unternehmen bereits spezifische Regelwerke für den internen Einsatz implementiert.
Die Umfrage zeigt außerdem, dass generative KI für die meisten Unternehmen vor allem für die Datenanalyse interessant ist: Jedes zweite Unternehmen nutzt sie bereits dafür oder plant dies (49,4 Prozent). Ebenfalls beliebt ist der Einsatz der Technologie zur Qualitätssicherung bzw. Fehlererkennung, im Kundenservice sowie bei Chatbots.
Wie ordnen Sie diese Ergebnisse ein?
Mark-W. Schmidt: Unternehmen stehen vor einer Vielzahl von Herausforderungen, die sie bewältigen müssen. Dazu zählen rechtliche Aspekte wie Datenschutz und Transparenz, aber auch die Verfügbarkeit von Ressourcen und die Schulung der Mitarbeitenden im Umgang mit GenAI. Zudem ist es wichtig, ethische Richtlinien zu definieren, um einen verantwortungsvollen Einsatz sicherzustellen.
Die Studienergebnisse zeigen deutlich, welche Hindernisse Unternehmen derzeit noch davon abhalten, Generative KI intensiver zu nutzen: Über ein Drittel der Befragten (40,3 Prozent) äußerte Bedenken hinsichtlich rechtlicher Aspekte. Zudem werden mangelnde Ressourcen (29,3 Prozent) und fehlende Kompetenzen in der Belegschaft (28,5 Prozent) als weitere Barrieren für eine umfassendere Anwendung genannt.
Wie können Unternehmen diese Herausforderungen bewältigen und den Nutzen von GenAI voll ausschöpfen?
Mark-W. Schmidt: Unternehmen sollten einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, der die technologischen, organisatorischen und ethischen Dimensionen gleichermaßen berücksichtigt. Dies beinhaltet die Investition in Schulungen für die Belegschaft, die Zusammenarbeit mit externen Fachleuten sowie die Entwicklung klarer Richtlinien für den Einsatz von GenAI. Zusätzlich ist es wichtig, die Mitarbeitenden aktiv in den Implementierungsprozess einzubeziehen und ihre Bedenken ernst zu nehmen.
Laut der Studie plant bereits ein Drittel der befragten Unternehmen Mitarbeiterschulungen sowie Pilotprojekte aufzusetzen. Damit wollen sie die Vorteile der Technologie besser verstehen und mögliche Hindernisse überwinden. Knapp jedes vierte Unternehmen möchte externe Berater einbinden (23,5 Prozent).
Wie stark beeinflussen ethische Fragen, insbesondere hinsichtlich Voreingenommenheit und Diskriminierung, den Einsatz von GenAI?
Mark-W. Schmidt: Die Berücksichtigung ethischer Grundsätze ist entscheidend für den Einsatz von GenAI. Transparenz, Datenschutz, Fairness, Verantwortlichkeit, Ethik-Bewusstsein, (Selbst-) Regulierung und die Einbindung der Nutzerinnen und Nutzer spielen dabei eine wesentliche Rolle. Algorithmen und Modelle müssen fair und transparent gestaltet sein, um Vorurteile und Diskriminierung zu vermeiden. Unternehmen sollten sicherstellen, dass ihre GenAI-Systeme die Vielfalt und Inklusion fördern und nicht unbeabsichtigt vorhandene Vorurteile verstärken.
Um dieses Ziel zu verwirklichen, braucht es angemessene Anstrengungen. Bei msg haben wir deshalb ein spezielles Vorgehensmodell und Auditverfahren entwickelt, um unsere Kunden mit bewährten Methoden und Risikominimierungsstrategien zu begleiten.
Welchen langfristigen Einfluss erwarten Sie von GenAI auf die Wirtschaft und die Gesellschaft?
Mark-W. Schmidt: Ich betrachte GenAI als einen zentralen Motor für Innovation und zukünftiges Wachstum. Die Wirtschaft wird sich zweifellos durch GenAI stark verändern, da sie die Produktivität und Innovationskraft erhöht, aber auch die Arbeitsmärkte und die Wettbewerbsfähigkeit deutlich beeinflussen wird. In der Gesellschaft werden wir von personalisierten Dienstleistungen und einer besseren Lebensqualität profitieren. In der Bildung eröffnen sich neue Lernwege, Wissensmanagement wird sich erheblich vereinfachen und verbessern. Allerdings müssen wir auch mit wachsender Ungleichheit und Datenschutzproblemen rechnen.
Um die nachhaltige und inklusive Entwicklung zu fördern, müssen daher strengere Regeln und ethische Richtlinien gelten, die den missbräuchlichen Einsatz und den möglichen Verlust der Kontrolle durch Cyberkriminalität und Überwachung vermeiden. Es ist entscheidend das richtige Gleichgewicht zu finden, um von den positiven Wirkungen zu profitieren und die negativen einzuschränken, um eine vielversprechende Zukunft für alle zu gewährleisten.
Zum Abschluss, welche Empfehlungen würden Sie Unternehmen geben, die sich derzeit mit der Implementierung von GenAI auseinandersetzen?
Der Aufruf an Unternehmen aller Branchen ist eindeutig: Die Zeit, in die Einführung, Nutzung und Operationalisierung von KI zu investieren, ist jetzt. Der Übergang zu GenAI erfordert, wie bei allen Innovationen, eine anfängliche Investition in Technologie, Ressourcen oder externe Unterstützung. Die langfristigen Vorteile – wie zum Beispiel gesteigerte Produktivität, Kostenreduktion und die Erschließung neuer Möglichkeiten – sind unbestreitbar. Indem Unternehmen sich frühzeitig an diese technologische Welle anpassen, können sie nicht nur ihre aktuelle Marktposition stärken, sondern sich auch als Vorreiter der nächsten industriellen Revolution positionieren.
Die aktuelle msg-Umfrage zum Einsatz von GenAI in deutschen Unternehmen finden Sie hier.
Querverlinkungen:
www.ai.msg.group/beratung-loesungen
www.msg.group/radikal-digital/folge-11-ai-the-quest-for-sovereignty